Stand: 27.03.2024, 10:47 Uhr

Von: Bascha Mika

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Der Wikileaks-Gründer wird nicht in die USA ausgeliefert - zumindest vorerst. Seine Chance auf Gerechtigkeit ist gering. Ein Kommentar.

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Zu wem würde dieser Spruch besser passen als zu Julian Assange? Seit zwölf Jahren ist der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks auf der Flucht vor seinen Verfolgern aus den Vereinigten Staaten. Nun bekommt er eine neue Chance, seine Auslieferung in die USA zu verhindern.

Der britische High Court entschied, dass der Gefangene nicht unmittelbar an die US-amerikanischen Behörden überstellt werden darf, sondern einen Aufschub bekommt. Am 20. Mai will das Gericht endgültig entscheiden, ob Assange gegen das Auslieferungsurteil in Berufung gehen kann.

Hat sich die britische Justiz nach dem jahrelangen, unwürdigen Gezerre um einen schwerkranken Mann endlich auf ihre Verpflichtung zur Rechtsstaatlichkeit besonnen? Und auf die Achtung der Menschenrechte? Oder wollen die Londoner Richter:innen nur den Schein wahren? Sich mit weiteren Garantien der USA zum korrekten Umgang mit dem Gefangenen öffentlich absichern und sich damit aus der Verantwortung stehlen? Denn klar ist, diese Garantien werden ihr Papier nicht wert sein – so sie überhaupt schriftlich abgegeben werden.

Für die USA ist Wikileaks ein „nichtstaatlicher feindlicher Geheimdienst“, ihr Gründer Assange ein terroristischer Spion, den sie in einem amerikanischen Gefängnis verrotten lassen wollen. Weil er Kriegsverbrechen der US-Armee im Irak und in Afghanistan enthüllte, wird Assange selbst als Verbrecher gebrandmarkt und verfolgt – während die eigentlichen Kriegsverbrecher nicht vor Gericht gestellt wurden.

Für seine Unterstützer:innen ist Assange ein Held der Aufklärung. Denn mit ihrer staatlichen Hatz auf den Wikileaks-Gründer führen die USA auch einen Krieg gegen die Pressefreiheit. Es geht darum, ein Exempel zu statuieren, um Journalist:innen und Whistleblower:innen einzuschüchtern und investigative Recherchen zu kriminalisieren.

Was Assange bisher durchlebte, ist eine Todesstrafe in Raten: sieben Jahre eingeschlossen im Hausarrest, fünf Jahre Isolationshaft im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh, weiße Folter inbegriffen. Dieser Mensch ist am Ende, Körper und Seele in einem zerrütteten Zustand. Und eines macht Stella Assange der Öffentlichkeit immer wieder klar: Eine Auslieferung würde ihr Mann nicht überleben.

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Aufschub für Assange

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27.03.2024

Stand: 27.03.2024, 10:47 Uhr

Von: Bascha Mika

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Der Wikileaks-Gründer wird nicht in die USA ausgeliefert - zumindest vorerst. Seine Chance auf Gerechtigkeit ist gering. Ein Kommentar.

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Zu wem würde dieser Spruch besser passen als zu Julian Assange? Seit zwölf Jahren ist der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks auf der Flucht vor seinen Verfolgern aus den Vereinigten Staaten. Nun bekommt er eine neue Chance, seine Auslieferung in die USA zu verhindern.

Der britische High Court entschied, dass der........

© Frankfurter Rundschau


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