Zum Jahresende hat Josef Joffe in der „Neuen Zürcher Zeitung“ den Journalismus von heute analysiert, was Auflagen und Haltungen angeht. Joffe, früher in leitender Funktion bei „SZ“ und „Zeit“, stellt fest: „Bei den anspruchsvollen Medien herrscht ein Ungleichgewicht, dessen Schwerpunkt sich nach links neigt.“ Selbst für das Publikum eines anspruchsvollen Mediums wie der „NZZ“ dürfte es nicht leicht sein, sich das vorzustellen: ein Ungleichgewicht mit Schwerpunkt.

Wie wird das dann nur für „Otto Normalleser“ sein, auf dessen Seite Joffe sich hier schlägt? Der habe es ja schon schwer genug, „den Unterschied zwischen weichgespülter Meinung und harter Nachricht“ zu erkennen: „Es herrscht die kaschierende Vermengung.“ Dabei sollten Journalisten „in der Berichterstattung nicht als Anwalt, sondern als ehrlicher Makler auftreten, nicht dozieren, sondern präsentieren“.

Joffe präsentiert in diesem Sinn Sprachbilder, die zum Nachdenken anregen. „Die Abwanderung in die Mikromedien spiegelt das wachsende Misstrauen, das am Kundenstamm nagt. Die Platzhirsche kennen diesen Trend, den sie selber befördert haben, als wären die Leser Kirchengemeinden.“ Was tun? „Macht und Moral sind stets zweierlei Ding. Es geht um die breitestmögliche Agora im Labyrinth der Bunker.“

Joffe beruft sich auf das Magazin „Economist“, wenn er am Ende festhält: „Seit dem Beginn dieses Jahrzehnts sinkt leise der Anteil der ideologiegetränkten Sprache in linken wie rechten Medien – sogar schneckenmäßig auch bei der ‚New York Times‘.“

Mehr zum Thema

1/

Nahostkrieg und Hamas-Massaker : Wann spricht die Deutsche Presse-Agentur von „Terroristen“?

Gespräch mit Anne Will : Glück ist, wenn Floskeln nicht greifen

Der Fall Joffe : Joe und Max

Und auch der Anteil metapherngetränkter Medienkritik dürfte nicht leise wie die Schnecken sinken, solange es Platzhirsche im Labyrinth der Bunker unter den Kirchengemeinden der Mikromedien – aber wissen Sie was: Frohes Fest!

QOSHE - Platzhirsche in Mikromedienwald - Tobias Rüther
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

Platzhirsche in Mikromedienwald

7 0
23.12.2023

Zum Jahresende hat Josef Joffe in der „Neuen Zürcher Zeitung“ den Journalismus von heute analysiert, was Auflagen und Haltungen angeht. Joffe, früher in leitender Funktion bei „SZ“ und „Zeit“, stellt fest: „Bei den anspruchsvollen Medien herrscht ein Ungleichgewicht, dessen Schwerpunkt sich nach links neigt.“ Selbst für das Publikum eines anspruchsvollen Mediums wie der „NZZ“ dürfte es nicht leicht sein, sich das vorzustellen: ein Ungleichgewicht mit Schwerpunkt.

Wie wird das dann nur........

© Frankfurter Allgemeine


Get it on Google Play