Das Otfried-Preußer-Gymnasium Pullach möchte seinen Namen ändern. Darauf hätten sich die Lehrerkonferenz, der Elternbeirat und der Schülerausschuss geeinigt, teilte der Schulleiter, Oberstudiendirektor Benno Fischbach, am 30. Januar mit. Am Mittwoch hat sich der Pullacher Gemeinderat dieser Forderung angeschlossen.

Nun ist es das gute Recht der Schule, einen offenbar ungeliebten Namen abzulegen, auch wenn man ihr einen etwas längeren Atem gewünscht hätte, schließlich ist die letzte Umbenennung erst zehn Jahre alt, als das damalige Gymnasium Pullach, ebenfalls auf eigenen Wunsch, seinen jetzigen Namen erhielt. Damals hatten die schulinternen Gremien dafür gestimmt, nach Preußler zu heißen, dem, so die Begründung, „in Bayern, Deutschland und der Welt berühmten und vielfach ausgezeichneten Schriftsteller“ und „herausragenden Pädagogen, dessen pädagogische Überzeugungen sich in seinen Büchern und autobiographischen Skizzen manifestieren“.

Was den Pädagogen angeht, weiß Schulleiter Fischbach es besser, hat der bisherige Namenspatron doch in jungen Lehrerjahren einem Freund gegenüber nach einer offenbar erfüllenden Begegnung unter Kinderbuchautoren auf einer Postkarte bekannt, wie sehr ihn dagegen der Schulbetrieb „anöde“, Preußler sprach gar von „geistiger Hilfsarbeit“ – für Fischbach wischt derlei offenbar das außergewöhnliche schulische Engagement Preußlers weg, alle Verdienste, die ihm schließlich sogar eine Stelle als Rektor einbrachten. Hätten Preußlers Vorgesetzte mal auf Fischbach gehört!

Aber wo eine Postkarte mehr wiegt als ein ganzes Lehrerleben, da stellt auch Preußlers mit 17 Jahren geschriebenes Jugendbuch „Erntelager Geyer“, das tatsächlich von der Bejahung des Autors für die Werte des NS-Staats spricht, natürlich alles in den Schatten, was Preußler später geschrieben hat und vollkommen andere Werte vertritt: die fröhliche Anarchie der „kleinen Hexe“, die allem HJ-üblichen Gruppenzwang eine lange Nase dreht, die Verkasperung von Autoritäten im „Räuber Hotzenplotz“ und dergleichen mehr.

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Tja, sagt Schulleiter Fischbach, hätte er sich mal ordentlich von seinem Frühwerk distanziert, der Preußler, dann sähe die Sache anders aus. Dass der Autor mit Blick auf den „Krabat“ von der Verführung seiner Generation durch dunkle Mächte gesprochen hat, gilt da offenbar ebenso wenig wie Preußlers eigentliches literarisches Werk. Aber schließlich hat Fischbach noch einen Trumpf im Ärmel: „Problematisch für die Lernenden erscheinen auch die in einigen Werken dargestellten fragwürdigen Konfliktlösungsstrategien durch Gewalt und/oder Hexerei“, schreibt er.

Hexerei! Der gute Impuls, die Pullacher „Lernenden“ davor zu bewahren, dürfte zu den wenigen Gemeinsamkeiten der Pädagogen Preußler und Fischbach gehören, schließlich handeln die Bücher des Autors wesentlich häufiger vom Beenden magischer Karrieren als von deren Fortbestand, was Herr Fischbach mit einem einzigen Blick in den „Krabat“ feststellen könnte, wo die Liebe alle schwarze Magie besiegt.

Andere scheinen das getan zu haben, und so wurde dieser Tage publik, dass Preußlers Heimatstadt Reichenberg, das heutige Liberec, ihren berühmten Sohn, der seine jugendliche Distanz zu den Tschechen später eindrucksvoll überwand, mit einer Auszeichnung ehren will. Beeindruckt das in Pullach irgendjemanden? Offenbar nur eine Minderheit. Nun wird die Einrichtung wohl wieder den klingenden Namen „Staatliches Gymnasium Pullach“ tragen. Wer dabei mehr verliert, die Schule oder der bisherige Patron, ist keine Frage.

QOSHE - Hätte Preußler sich doch bloß distanziert! - Tilman Spreckelsen
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Hätte Preußler sich doch bloß distanziert!

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22.02.2024

Das Otfried-Preußer-Gymnasium Pullach möchte seinen Namen ändern. Darauf hätten sich die Lehrerkonferenz, der Elternbeirat und der Schülerausschuss geeinigt, teilte der Schulleiter, Oberstudiendirektor Benno Fischbach, am 30. Januar mit. Am Mittwoch hat sich der Pullacher Gemeinderat dieser Forderung angeschlossen.

Nun ist es das gute Recht der Schule, einen offenbar ungeliebten Namen abzulegen, auch wenn man ihr einen etwas längeren Atem gewünscht hätte, schließlich ist die letzte Umbenennung erst zehn Jahre alt, als das damalige Gymnasium Pullach, ebenfalls auf eigenen Wunsch, seinen jetzigen Namen erhielt. Damals hatten die schulinternen Gremien dafür gestimmt, nach Preußler zu heißen, dem, so die Begründung, „in Bayern, Deutschland und der Welt berühmten und vielfach ausgezeichneten Schriftsteller“ und „herausragenden Pädagogen, dessen pädagogische Überzeugungen sich in seinen Büchern und autobiographischen Skizzen........

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