Antiisraelische Demonstrationen und der dort so offen wie in Jahrzehnten nicht gezeigte Judenhass haben den Antisemitismus von Rechtsaußen aus dem Blick der Öffentlichkeit verschwinden lassen. Etwa die vielen rechtsextremistischen, antisemitisch motivierten Straftaten an Gedenkstätten des NS-Terrors wie Buchenwald und Mittelbau-Dora.

Am selben Tag, an dem dieser Befund im „Zivilgesellschaftlichen Lagebild Antisemitismus“ der Amadeu Antonio Stiftung vorgestellt wurde, ist nun die AfD in Sachsen-Anhalt als zweiter Landesverband vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft worden.

Nicht nur die von Björn Höcke angeführte Thüringer AfD strebt demnach die Abschaffung der parlamentarischen Demokratie an. Auch der Verband in Sachsen-Anhalt propagiert nach Einschätzung der Verfassungsschützer ein völkisch-rassistisches Weltbild, das etwa Migranten als „Invasoren“ und „Eindringlinge“ dämonisiere, heißt es beim Verfassungsschutz zur Begründung für diesen drastischen Schritt.

Auch jüngste Äußerungen des besonders radikal auftretenden stellvertretende AfD-Landes- und Fraktionschefs Hans-Thomas Tillschneider nach dem Massaker der Hamas in Israel zeugen von einem Gedankengut, dessen Kern oft antisemitisch verbrämte Verschwörungstheorien sind. In einem Interview verdächtigt Tillschneider die mit Israel verbündeten Vereinigten Staaten als Impulsgeber für den Terrorangriff der Hamas-Mörder auf unschuldige Zivilisten.

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Ob die Einstufung der AfD in Sachsen-Anhalt als rechtsextreme und potentiell verfassungsfeindliche politische Kraft deren Wähler beeindruckt, darf jedoch bezweifelt werden. In Umfragen liegt sie dort wie in Thüringen als stärkste Partei bei deutlich über 30 Prozent.

Dennoch ist es richtig, dass Sachsen-Anhalts Verfassungsschutzchef die AfD dort angesichts der zahlreichen Wortmeldungen ihrer Funktionäre und Mandatsträger als „Frühwarnsystem“ nun auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten darf. Die „wehrhafte Demokratie“ muss sich in diesen Tagen und Wochen gegen viele Bedrohungen wappnen – ob sie von islamistischen, linken oder rechten Extremisten ausgehen.

QOSHE - Es ist nicht nur Höcke - Thomas Holl
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Es ist nicht nur Höcke

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07.11.2023

Antiisraelische Demonstrationen und der dort so offen wie in Jahrzehnten nicht gezeigte Judenhass haben den Antisemitismus von Rechtsaußen aus dem Blick der Öffentlichkeit verschwinden lassen. Etwa die vielen rechtsextremistischen, antisemitisch motivierten Straftaten an Gedenkstätten des NS-Terrors wie Buchenwald und Mittelbau-Dora.

Am selben Tag, an dem dieser Befund im „Zivilgesellschaftlichen Lagebild Antisemitismus“ der Amadeu Antonio Stiftung vorgestellt wurde, ist nun die AfD in Sachsen-Anhalt als zweiter Landesverband vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“........

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