Krise, welche Krise? Wer den Auftritt des Bundeskanzlers und seiner Koalitionspartner Robert Habeck von den Grünen und FDP-Finanzminister Christian Lindner nach dem historischen Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Einhaltung der Schuldenbremse sah, hatte nicht den Eindruck, drei Ampelkapitäne auf dem Deck der Titanic zu sehen.

Nur keine Panik zeigen und Ruhe bewahren trotz eines plötzlich auftauchenden Finanzeisbergs von im Haushalt fehlenden 60 (!) Milliarden Euro.

Diese Parole, die Olaf Scholz der Koalition verordnet hatte, beherzigten die Redner der Koalition brav am Tag danach im Bundestag. Dabei stehen der in Schockstarre verharrenden Ampel nun brutal schmerzhafte Entscheidungen bevor, an welchen Stellen dieser gigantische Betrag eingespart oder durch zusätzliche Einnahmen vulgo Steuererhöhungen ausgeglichen werden kann.

Besonders die Grünen müssen sich über Nacht wohl von ihrem Traum einer vollständigen Energiewende bis 2030 verabschieden.

Denn das trickreich von der Corona-Notlage zum Klimaschutz umgeleitete Geld ist schlicht nicht mehr vorhanden. Der von Habeck schon vor Monaten vorausgeahnte Worst Case ist Wirklichkeit. Die Karlsruher Richter haben nicht nur Habecks Grünen „den Fußboden weggezogen“. Auch die SPD wird zwei Jahre vor der Bundestagswahl alle versprochenen sozialen Wohltaten kassieren müssen. Auch die Zeitenwende ist womöglich gefährdet.

Mehr zum Thema

1/

Karlsruher Urteil : Eine Klatsche als Chance?

Karlsruher Urteil : Der Ampel geht das Geld aus

Urteil zur Schuldenbremse : Ampelpolitik ohne Fundament

Und die FDP mit dem zuständigen Kassenwart Lindner steht als Haushaltstrickser da, auch wenn das Copyright für das verfassungswidrige Verschiebemanöver bei seinem SPD-Vorgänger Scholz liegt.

Erste Schnellschüsse aus der SPD-Spitze zeigen, welcher Streit zur Bruchstelle der Ampelkoalition im Schicksalswahljahr 2024 werden könnte. Die dort geforderte Aufweichung oder gar Abschaffung der richterlich scharf gestellten grundgesetzlichen Schuldenbremse ist mit der FDP nicht zu machen, mit den Grünen wohl schon. Nun kommt es auf den Kanzler an.

QOSHE - Auf der Ampel-Titanic - Thomas Holl
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

Auf der Ampel-Titanic

4 0
17.11.2023

Krise, welche Krise? Wer den Auftritt des Bundeskanzlers und seiner Koalitionspartner Robert Habeck von den Grünen und FDP-Finanzminister Christian Lindner nach dem historischen Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Einhaltung der Schuldenbremse sah, hatte nicht den Eindruck, drei Ampelkapitäne auf dem Deck der Titanic zu sehen.

Nur keine Panik zeigen und Ruhe bewahren trotz eines plötzlich auftauchenden Finanzeisbergs von im Haushalt fehlenden 60 (!) Milliarden Euro.

Diese Parole, die Olaf Scholz der Koalition........

© Frankfurter Allgemeine


Get it on Google Play