Den Kauf von sexuellen Dienstleistungen zu bestrafen wird die Probleme vieler Prostituierter nicht lösen. Wer ohnehin selbstbestimmt arbeitet, dem wird die Lebensgrundlage entzogen. Manche in der Szene sprechen von einem faktischen Berufsverbot und dass über ihren Körper verfügt werden soll. Zwar werden sie selbst nicht bestraft, wenn sie dem Gewerbe weiter nachgehen, doch ihre Kunden würden es sich vielleicht zweimal überlegen. Für diese Prostituierten kann es in der Debatte also nur um die Frage gehen, ob man Sex als Dienstleistung gesellschaftlich überhaupt zulassen will und ob es eine private Entscheidung ist, Sex für Geld anzubieten, oder ob der Staat da eingreifen sollte.

Aber eigentlich geht es in der Diskussion ja nicht um die Escortdamen, die an einem Wochenende gern mal mehrere Tausend Euro verdienen und sich gut dabei fühlen, so begehrt zu werden, dass jemand dafür zahlt. Es geht um die Frauen, die aus einer wirtschaftlichen Notlage heraus unter prekären Bedingungen arbeiten, die ausgebeutet und schlecht behandelt werden.

Auch ihnen droht keine direkte Strafe, wenn sie sich aus Mangel an Alternativen weiter prostituieren. Aber ob sich ihre Lage im „Nordischen Modell“ bessert, ist mehr als fraglich: Wenn die Nachfrage wegen der Kriminalisierung der Freier wirklich sinkt, werden nach der Marktlogik auch die ohnehin niedrigen Preise fallen. Die Frauen müssten dann für noch weniger Geld Sex anbieten, wenn sie keinen anderen Job in Aussicht haben.

Wenn die Nachfrage aber gleich bleibt und sich die Prostitution nur ins Dunkelfeld verschiebt, ist ebenfalls nichts gewonnen. Denn dort geschehen häufiger Grenzüberschreitungen und Gewalt – vor allem in der Armutsprostitution, in der es für die meist aus dem Ausland stammenden Frauen essenziell ist, irgendwie Geld zu verdienen. Oft kennen sie auch ihre Rechte nicht gut.

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Viel wichtiger ist es deshalb, diesen Frauen Alternativen anzubieten. Sie müssen aussteigen können, wenn sie das wollen. Es kann nicht sein, dass mehrere Prostituierte in Frankfurt derzeit den Ausstieg nicht schaffen, weil sie keine Wohnung finden oder sie nur widerwillig Leistungen vom Jobcenter bekommen.

Die Frauen brauchen eine Starthilfe in Form einer Unterkunft, finanzieller Unterstützung für den Übergang und Fortbildungsprogramme. Die Gesellschaft hat auch eine Aufgabe. Sie darf die Frauen nicht stigmatisieren. Es sollte kein Problem sein, dass eine Bewerberin um einen Job als Putzfrau oder Pflegerin zuvor auf dem Strich oder im Laufhaus gearbeitet hat. Vielmehr ist der Schritt in Richtung selbstbestimmtes Leben tatkräftig zu unterstützen, wenn es einem ernst ist mit der Sorge um die Frauen.

QOSHE - Ausstieg statt Sexkaufverbot - Theresa Weiß
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Ausstieg statt Sexkaufverbot

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15.01.2024

Den Kauf von sexuellen Dienstleistungen zu bestrafen wird die Probleme vieler Prostituierter nicht lösen. Wer ohnehin selbstbestimmt arbeitet, dem wird die Lebensgrundlage entzogen. Manche in der Szene sprechen von einem faktischen Berufsverbot und dass über ihren Körper verfügt werden soll. Zwar werden sie selbst nicht bestraft, wenn sie dem Gewerbe weiter nachgehen, doch ihre Kunden würden es sich vielleicht zweimal überlegen. Für diese Prostituierten kann es in der Debatte also nur um die Frage gehen, ob man Sex als Dienstleistung gesellschaftlich überhaupt zulassen will und ob es eine private Entscheidung ist, Sex für Geld anzubieten, oder ob der Staat da eingreifen sollte.

Aber eigentlich geht es in der Diskussion........

© Frankfurter Allgemeine


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