Seit fast sechs Jahrzehnten ist der Hessentag ein Erfolgsmodell. Gemessen an den Besucherzahlen bleibt Deutschlands ältestes Landesfest auch das größte und mit Abstand zugkräftigste. Den Besucherrekord hält Kassel, wo im Jahr 2003 etwa 1,8 Millionen Gäste gezählt wurden. Und selbst beim Hessentag 2018 in Bad Hersfeld – mit 862.000 Besuchern – war an den zehn Festtagen rein rechnerisch jeder siebte Landesbewohner dabei.

Dennoch droht die große Hessenmesse, wie sie der Leiter der Hessischen Staatskanzlei, Minister Axel Wintermeyer (CDU), einmal genannt hat, auf die schiefe Bahn zu geraten. Zuletzt blieb die jeweilige Ausrichterstadt nach der Großveranstaltung stets auf einem mehr oder minder hohen Defizit sitzen. Mit mehr als zehn Millionen Euro hatte Pfungstadt in diesem Sommer sogar ein Rekordminus zu verzeichnen. Zwar ist dieser enorme Fehlbetrag ganz offensichtlich auch auf individuelle Fehlkalkulationen zurückzuführen – mit 600.000 Besuchern war gerechnet worden, tatsächlich kamen nur 400.000. Bei vielen Kritikern verfestigt sich dennoch der Eindruck, dass sich mit einem Hessentag im kommunalen Haushalt nur rote Zahlen schreiben lassen.

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Dass das nicht so sein muss, hat beispielsweise der letzte Vor-Corona-Hessentag im Jahr 2019 in Bad Hersfeld bewiesen. Zwar war auch hier nach dem zehn Millionen Euro teuren Fest ein Defizit von 2,3 Millionen Euro zu vermelden. Das wurde nach Einschätzung der Verantwortlichen aber mehr als wettgemacht durch die Profite, die Gewerbetreibende, Hoteliers und Gastronomen dank der unerwartet hohen Besucherzahl machen konnten. Hinzu kamen mehrere Millionen Euro, die das Land allen Hessentagsstädten zahlt. Dieses Geld wird nicht nur zum Feiern, sondern auch für den Neubau und die Sanierung von Straßen und Schwimmbädern, die Neugestaltung von Innenstädten und Fußgängerzonen genutzt.

Der Hessentag bleibt eine Erfolgsgeschichte, die allerdings zum Albtraum werden kann, wenn die Organisatoren ihre Gewinnmöglichkeiten überschätzten. Besser wäre es, auf Nummer sicher zu gehen und eine Preiskategorie niedriger zu planen. In Fritzlar soll 2024 auf die sogenannte Hessentags-Arena verzichtet werden. Allein dadurch wird das Fest um etwa 1,5 Millionen Euro billiger.

QOSHE - Erfolgsgeschichte ohne Gewähr - Ralf Euler
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Erfolgsgeschichte ohne Gewähr

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01.12.2023

Seit fast sechs Jahrzehnten ist der Hessentag ein Erfolgsmodell. Gemessen an den Besucherzahlen bleibt Deutschlands ältestes Landesfest auch das größte und mit Abstand zugkräftigste. Den Besucherrekord hält Kassel, wo im Jahr 2003 etwa 1,8 Millionen Gäste gezählt wurden. Und selbst beim Hessentag 2018 in Bad Hersfeld – mit 862.000 Besuchern – war an den zehn Festtagen rein rechnerisch jeder siebte Landesbewohner dabei.

Dennoch droht die große Hessenmesse, wie sie der Leiter der Hessischen Staatskanzlei, Minister Axel Wintermeyer (CDU), einmal genannt hat, auf die schiefe Bahn zu geraten. Zuletzt........

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