Die Lage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen ist katastrophal. Das bestreitet niemand. Es wäre die Aufgabe Israels, das dort berechtigterweise gegen die Terrororganisation Hamas kämpft, die Not so gut wie menschenmöglich zu lindern. Zwar lässt Israel Lebensmittel und andere Versorgungsgüter ins Land. Aber nicht einmal die Regierung Netanjahu behauptet, dass die Menge der gelieferten Güter ausreichend sei.

Da internationaler, zumal amerikanischer Druck auf Netanjahu nicht dazu geführt hat, dass mehr Hilfsgüter ins Land kommen, ist jetzt auf der Weltbühne hektische Betriebsamkeit ausgebrochen. Die Europäische Union will gemeinsam mit den Amerikanern einen Hilfskorridor für Gaza einrichten. Präsident Joe Biden, der zu Hause mit heftiger Kritik an seiner angeblich zu pro-israelischen Politik konfrontiert ist, ergreift die Flucht nach vorn. Er geht aber nicht so weit, amerikanische Soldaten in Gaza landen zu lassen, damit diese die Verteilung der Hilfsgüter überwachen könnten.

Das führt allerdings zu einem grundsätzlichen Problem. Wenn die Helfernationen die Hilfe nicht selbst verteilen können oder wollen, wer soll es dann tun? Die Israelis sind zu sehr mit ihrer Militäraktion beschäftigt. Außerdem hat der Zwischenfall vor einigen Tagen gezeigt, dass das Misstrauen zwischen Israelis und Palästinensern so abgrundtief ist, dass es sogar bei der Verteilung von Hilfe zu vielen Toten kommen kann.

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Dann bleibt nur, die Hilfe guten Glaubens an Organisationen in Gaza zu übergeben, die dort ohnehin tätig sind. Wie unabhängig diese von der Hamas agieren, ist kaum zu kontrollieren. Es besteht also die Gefahr, dass diejenigen, die den Konflikt begonnen haben, zumindest mit entscheiden könnten, wer wie gut versorgt wird. Das wäre ebenso ein Erfolg für die Terroristen wie die ganze Aktion. Sie haben es geschafft, dass sich auch engste Verbündete Israels nicht mehr anders zu helfen wissen. Benjamin Netanjahu sollte sich überlegen, wie weit er die Entfremdung zu Israels Freunden noch treiben will.

QOSHE - Darf am Ende die Hamas entscheiden, wer versorgt wird? - Peter Sturm
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Darf am Ende die Hamas entscheiden, wer versorgt wird?

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08.03.2024

Die Lage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen ist katastrophal. Das bestreitet niemand. Es wäre die Aufgabe Israels, das dort berechtigterweise gegen die Terrororganisation Hamas kämpft, die Not so gut wie menschenmöglich zu lindern. Zwar lässt Israel Lebensmittel und andere Versorgungsgüter ins Land. Aber nicht einmal die Regierung Netanjahu behauptet, dass die Menge der gelieferten Güter ausreichend sei.

Da internationaler, zumal amerikanischer Druck auf Netanjahu nicht dazu geführt hat, dass mehr Hilfsgüter ins Land kommen, ist jetzt auf der Weltbühne........

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