Der Ausbau des Angebots an Ladesäulen auf öffentlichen Parkplätzen, in innerstädtischen Tiefgaragen und Parkhäusern, ist löblich. Die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden etwa hat gerade angekündigt, die Zahl der Ladepunkte im öffentlichen Raum bis 2033 auf 800 zu vervierfachen.

Allerdings ist die Verfügbarkeit von Ladestationen im öffentlichen Raum kein entscheidendes Argument für die Bürger bei der Überlegung, ob der nächste Neuwagen ein elektrisch angetriebener sein soll oder nicht. Wer sich für den Elektroantrieb entscheidet, verbindet die Anschaffung entweder mit der In­stallation einer sogenannten Wall-Box am eigenen Heim oder hat die Chance, auf dem Firmenparkplatz den Akku zu laden. Deutlich mehr als 80 Prozent aller Ladevorgänge entfallen auf diese beiden Varianten.

Umfragen belegen, dass der hohe Preis und die geringe Reichweite neben der langen Ladezeit bislang die mit Abstand stärksten Argumente gegen die Anschaffung eines E-Autos sind. Versorgungsunternehmen wie Eswe in Wiesbaden sind deshalb verärgert über die deutsche Automobilindustrie. Denn attraktive Modelle zu einem erschwinglichen Preis mit einer ordentliche Reichweite sind noch immer eine Seltenheit. Wer nur 20.000 Euro für die Anschaffung zur Verfügung hat, wird sich schwertun, ein passendes Vehikel zu finden. Kein Wunder also, dass eine Mehrheit der Autofahrer das Aus für den Verbrennermotor bei Neuwagen nach dem Jahr 2035 skeptisch bis ablehnend bewertet.

Hinzu kommt, dass der Wiederverkaufswert eines gebrauchten Elektrischen bisweilen kritisch gesehen wird und dass Erfahrungen mit den Kosten von Pflege und Wartung fehlen. Schließlich bezweifelt die Hälfte der potentiellen Käufer, dass E-Autos in ihrer Gesamtbilanz wirklich besser für die Umwelt sind als konventionelle Autos mit Verbrenner.

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Dass das Elektroauto auf breiter Front zügig vorankommt, ist daher nicht zu erwarten. Das Ziel der Bundesregierung, bis 2030 rund 15 Millionen Elektroautos auf deutsche Straßen zu bringen, erscheint wenig realistisch. In Wiesbaden fahren derzeit rund 3000 Elektroautos von 141.000 regis­trierten Kraftfahrzeugen elektrisch. Viele Autofahrer fragen sich zu Recht, wie es mit den Prämien weitergeht, welche technischen Innovationen vor der Tür stehen und wie sich der Strompreis entwickelt.

Die Möglichkeit, das Elektrofahrzeug während des Einkaufs in der Innenstadt zu laden, spielt bei allen Entscheidungen eine untergeordnete Rolle. Die Kommunen werden mit ihrem Angebot an Ladesäulen daher nur limitiert auf die Attraktivität der Elektroautos Einfluss nehmen. Sosehr sie sich aus Gründen der Luftqualität mehr von ihnen auf ihren Straßen wünschen. Doch an den entscheidenden Stellschrauben wird nicht in den Rathäusern gedreht.

QOSHE - Mehr Ladesäulen sorgen kaum für mehr Elektroautos - Oliver Bock
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Mehr Ladesäulen sorgen kaum für mehr Elektroautos

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13.12.2023

Der Ausbau des Angebots an Ladesäulen auf öffentlichen Parkplätzen, in innerstädtischen Tiefgaragen und Parkhäusern, ist löblich. Die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden etwa hat gerade angekündigt, die Zahl der Ladepunkte im öffentlichen Raum bis 2033 auf 800 zu vervierfachen.

Allerdings ist die Verfügbarkeit von Ladestationen im öffentlichen Raum kein entscheidendes Argument für die Bürger bei der Überlegung, ob der nächste Neuwagen ein elektrisch angetriebener sein soll oder nicht. Wer sich für den Elektroantrieb entscheidet, verbindet die Anschaffung entweder mit der In­stallation einer sogenannten Wall-Box am eigenen Heim oder hat die Chance, auf dem Firmenparkplatz den Akku zu laden. Deutlich mehr als 80 Prozent aller........

© Frankfurter Allgemeine


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