Spät, sehr spät kommt eine Bundesregierung der verteidigungspolitischen Verantwortung nach, die sie nicht nur gegenüber der NATO hat, sondern vor allem gegenüber dem eigenen Volk. Auf das Zwei-Prozent-Ziel, das Deutschland nun zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder erreicht, hatte man sich im Bündnis schon 2002 verständigt, 2014 gab es dazu noch einmal einen Gipfel-Beschluss.

In dieser langen Zeit haben drei Bundeskanzler und diverse Verteidigungs-, Außen- und Finanzminister geglaubt, dass eine europäische Mittelmacht, die nicht einmal Atomwaffen hat, es sich leisten könne, diese Verabredung zu ignorieren. Ein Rest dieser Stimmung kam in den vergangenen Tagen noch einmal hoch, als sich sogar der Bundespräsident heftig über Trump beschwerte. Glauben deutsche Politiker immer noch, unser Land habe einen Anspruch darauf, von anderen verteidigt zu werden?

Gebeugt hat sich die Ampel am Ende nicht dem früheren amerikanischen Präsidenten, sondern Putin. Deutschland gibt in diesem Jahr mehr als siebzig Milliarden Euro für die Verteidigung aus, weil es wieder eine Bedrohung aus dem Osten gibt. Das weist in die richtige Richtung, allerdings kommt auch dieser Betrag nur dadurch zustande, dass der reguläre Verteidigungshaushalt durch das Sondervermögen aufgestockt wird.

Das wird in ein paar Jahren aufgebraucht sein, und spätestens dann gibt es wieder eine erhebliche Lücke zwischen den gewachsenen Anforderungen an die Bundeswehr und den Mitteln, die ihr dafür zur Verfügung gestellt werden. Eine ernsthafte Diskussion über den Umfang des Sozialstaats, den die Deutschen bisher als wichtigste Sicherheitsgarantie empfunden haben, wird sich auf Dauer nicht vermeiden lassen.

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QOSHE - Verteidigen muss man sich selbst - Nikolas Busse
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Verteidigen muss man sich selbst

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14.02.2024

Spät, sehr spät kommt eine Bundesregierung der verteidigungspolitischen Verantwortung nach, die sie nicht nur gegenüber der NATO hat, sondern vor allem gegenüber dem eigenen Volk. Auf das Zwei-Prozent-Ziel, das Deutschland nun zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder erreicht, hatte man sich im Bündnis schon 2002 verständigt, 2014 gab es dazu noch einmal einen Gipfel-Beschluss.

In dieser langen Zeit haben drei Bundeskanzler und diverse Verteidigungs-, Außen- und Finanzminister geglaubt, dass eine europäische Mittelmacht, die nicht........

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