So mein Dicker – hast’ das mitgekriegt? Also irgendwer von der „Tagesschau“, Name hab’ ich jetzt irgendwie schon wieder vergessen, meinte gerade, die wollen jetzt „sprechsprachlicher“ sprechen. Also deren Nachrichten jetzt so formulieren wie, naja, eben frei Schnauze. Ist ja auch alles schön und gut: einfache Sprache meinetwegen gern. Verständlicher, logo! Für Menschen mit Sprachproblemen, von wegen, nicht Deutsch als Muttersprache und so. Schon klar, aber irgendwie auch schräg. Wie soll man sich das vorstellen?

Zumal die sich nich’ zu blöd waren, dann den „Nachbarn am Gartenzaun“- und „Familie beim Abendessen“-Vergleich zu bemühen. Ach ja, ARD-Aktuell-Chefredakteur Bornheim hat das wohl bei DWDL gesacht. Ok, das zeigt natürlich, was für’n Wunschmenschenmilieu da wieder herbeifantasiert wird. Als ob die Leute, die noch ernsthaft „Tagesschau“ gucken, sich am Gartenzaun – das setzt ja erstmal n’ Garten, n’ Zaun und n’ Nachbarn voraus, mit dem man überhaupt noch ernsthaft spricht – also, als ob sie ihrem Nachbarn dann so’n Kram erzählen. Da geht’s dann doch eher passiv aggressiv darum, dass der nicht kärchern soll, wenn am Wochenende der kleine Maximilian mittags pennt.

Und dann die Familie am Abendbrottisch, nee, warte: beim Abendessen. Na jedenfalls auch da: Die werden ja nich’ – es sei denn, es is’ ’ne Lokführerfamilie – sagen, „Also pass auf, Papa, der von der Bahn; ach nee, ich mein’ von der GDL, also dieser Weselsky, der streikt – quatsch, das wär ja schön – ich meine, der lässt schon wieder streiken. Und jetzt reden wir – auch du, Mama! Leg doch bitte mal dein Smartphone weg beim Essen. Jedenfalls reden wir jetzt mal darüber, was daran gut ist und was schlecht“. So läuft das doch nich’. Die sagen: „Unfassbar, schon wieder Bahnstreik! Honeckers Rache gehört bestenfalls geteert und gefedert“ – und daraus, man kann ja die Nachrichtenlage echt nur noch in einer Reihe aus implodierenden Wutausbrüchen mitschneiden, lässt sich ja wohl keine „Tagesschau“ stricken, oder?

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Obwohl’s natürlich attraktiv wär’, mal Susanne Daubners Abendbrottischsprache zu hören. Vielleicht so: „Der Biden is’ echt alt geworden, oder, meine lieben Damen und Herren? Aber Trump kannste eigentlich auch nich’ ernst nehmen. Das Problem ist: musste aber. Was ich sagen will, ist, die haben insgesamt echt total einen an der Waffel, die Amis.“ Das hätte was. Bisschen mehr Improtheater wagen. Aber geht ja nicht: Ablesen müssten sie es ja dann doch – und dann hat es sich natürlich mit der Sprechsprache, die ja dann doch wieder nur Ablesesprache is’. Die ARD soll sich lieber mal um die Sprechsprache bei ihren „Tatorten“ kümmern. Nachrichten verständlich formulieren, dazu brauchste ja wohl nicht die Uni Hildesheim. Verstehste, was ich meine?

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Sprechsprache, verstehste?!

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14.03.2024

So mein Dicker – hast’ das mitgekriegt? Also irgendwer von der „Tagesschau“, Name hab’ ich jetzt irgendwie schon wieder vergessen, meinte gerade, die wollen jetzt „sprechsprachlicher“ sprechen. Also deren Nachrichten jetzt so formulieren wie, naja, eben frei Schnauze. Ist ja auch alles schön und gut: einfache Sprache meinetwegen gern. Verständlicher, logo! Für Menschen mit Sprachproblemen, von wegen, nicht Deutsch als Muttersprache und so. Schon klar, aber irgendwie auch schräg. Wie soll man sich das vorstellen?

Zumal die sich nich’ zu blöd waren, dann den „Nachbarn am Gartenzaun“- und „Familie beim Abendessen“-Vergleich zu bemühen. Ach ja, ARD-Aktuell-Chefredakteur Bornheim hat das wohl bei DWDL gesacht. Ok, das zeigt........

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