Mit Gold bei der Skiflug-WM auf dem Kulm fliegt der Salzburger Stefan Kraft in noch höheren Sphären seiner Zunft. Er folgte den Spuren von Andreas Goldberger (1996), steht auf einer Stufe mit Matti Nykänen – und seine Reise geht unbekümmert weiter.

Wer Stefan Kraft abspringen sieht, muss staunen. Denn der Salzburger verkörpert mehr als bloß einen Skispringer, der seinem Job nachgeht. Der 30-jährige Pongauer folgt seinen Träumen und landet, weil er Vision hat und sein Ziel kennt, immer wieder im Glück. Ob Auf-, Seiten- oder Rückenwind. Ob der Rücken zwickt, Unruhe herrscht, auch er einmal einen schlechten Tag hat oder die Schanze, etwa in Garmisch-Partenkirchen, gar nicht leiden kann: Kraft lacht, nimmt es wie es ist. Er pfeift sich nichts. Und springt.

Bei der Skiflug-WM auf dem Kulm hat der Österreicher jetzt Großartiges verwirklicht. Dieses Gold hat ihm noch in der Sammlung gefehlt, es stellt ihn auf eine Stufe mit Finnlands zu früh verstorbenen Schanzen-Adler Matti Nykänen. Tourneesieger, Weltcup-Gesamtsieger, Weltmeister, Olympiasieger (im Team), Skiflug-Weltrekordler (253,5 Meter) und jetzt auch Skiflug-Weltmeister. Kraft, der seit 2012 im Weltcup unterwegs ist, fliegt allen auf und davon.

Gewinnt der 1,70 Meter große, 56 Kilogramm leichte Athlet 2026 auch noch Olympia-Gold im Einzel, wäre er endgültig die Nummer 1 am Schanzenhimmel. 109 Podestplätze im Weltcup untermauern sein Phänomen der Lüfte. Dass er sich darob keinen Druck macht, versteht sich von selbst. Er nimmt es, wie es kommt und ist: er springt.

Österreichs Gier nach Siegern, Pardon: Helden, trägt Sportler schneller empor denn allen recht sein kann. Auch beutelt sie Sieger, die plötzlich zu Verlierern werden, ebenso emotionsloser wieder aus. Kraft ist bodenständig, glücklich verheiratet, gut umsorgt von Verband und Manager. Geld und Ruhm sind Wegbegleiter, mit denen man erst umgehen können muss, wie, das lebt er munter unbekümmert vor. Goldmedaillen sind für ihn die nötige Selbstbestätigung und das ganze Tamtam um seine Person quasi die Bonusmeilen seiner Vielfliegerei.

Diese Philosophie ist das eigentlich größere Phänomen. Sie ist mehr als Gold wert.

E-Mail: markku.datler@diepresse.com

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Stefan Kraft: Goldmedaillen als Bonusmeilen

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29.01.2024

Mit Gold bei der Skiflug-WM auf dem Kulm fliegt der Salzburger Stefan Kraft in noch höheren Sphären seiner Zunft. Er folgte den Spuren von Andreas Goldberger (1996), steht auf einer Stufe mit Matti Nykänen – und seine Reise geht unbekümmert weiter.

Wer Stefan Kraft abspringen sieht, muss staunen. Denn der Salzburger verkörpert mehr als bloß einen Skispringer, der seinem Job nachgeht. Der 30-jährige Pongauer folgt seinen Träumen und landet, weil er Vision hat und sein Ziel kennt, immer wieder im Glück. Ob Auf-, Seiten- oder Rückenwind.........

© Die Presse


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