Es gibt in Brüssel ein ewiges, ehernes, in Stein gemeisseltes und Bronze gegossenes Gesetz: Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel. Das heisst: Die europäischen Staats- und Regierungschefs können sich zwar bei einem ihrer regelmässigen Treffen darum drücken, bei diesem oder jenem Thema eine unangenehme Entscheidung zu fällen. Aber die Probleme, zu deren Lösung – oder zumindest Handhabung – diese unangenehmen Entscheidungen notwendig sind, verschwinden dadurch nicht. Und die Gelegenheiten, bei denen sie wieder auf der Tagesordnung landen, auch nicht – das nächste Gipfeltreffen ist schon terminiert.

Diesen Donnerstag sind die EU-Granden in Brüssel mal wieder zusammengekommen. Beim bestimmenden Thema der Militärhilfe für die Ukraine will man entscheidende Fortschritte erzielt haben: Die Zinserträge aus dem eingefrorenen Vermögen der russischen Zentralbank sollen zusätzliche Militärhilfe ermöglichen; von 3 Milliarden Euro allein in diesem Jahr ist die Rede.

Doch da gibt es auch die zwei Themen, die die Europäer diese Woche aufgeschoben haben – die aber bald wieder auftauchen werden. Die Frage, was mit dem in der EU eingefrorenen russischen Notenbankvermögen passieren soll, ist längst nicht abschliessend geklärt. Reicht es, nur die Gewinne abzuschöpfen? Oder muss man nicht doch irgendwann den Kapitalstock konfiszieren?

Ähnlich sieht es bei der Frage aus, ob die EU über gemeinsame Schulden, sogenannte Eurobonds, ihre militärische Aufrüstung bezahlen sollte. Frankreich fordert das, Deutschland ist strikt dagegen – aus einem sehr verständlichen Grund: Geld zu leihen, kostet Geld. Und als grösster EU-Beitragszahler und wirtschaftlich stärkstes Land würde Deutschland als Zahler ganz vorn stehen.

Aber die Debatte ist eröffnet, und der Druck auf Berlin, hier einzulenken, wird nicht sinken. Viele Probleme also. Zum Glück ist bald wieder Gipfel in Brüssel.

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QOSHE - Die Europäer drücken sich um die heissen Fragen - Hubert Wetzel
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Die Europäer drücken sich um die heissen Fragen

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22.03.2024

Es gibt in Brüssel ein ewiges, ehernes, in Stein gemeisseltes und Bronze gegossenes Gesetz: Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel. Das heisst: Die europäischen Staats- und Regierungschefs können sich zwar bei einem ihrer regelmässigen Treffen darum drücken, bei diesem oder jenem Thema eine unangenehme Entscheidung zu fällen. Aber die Probleme, zu deren Lösung – oder zumindest Handhabung – diese unangenehmen Entscheidungen notwendig sind, verschwinden dadurch nicht. Und die........

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