Jauchzet, frohlocket: Die Ampel hat das Gras freigegeben. Mit dem „CanG“ ist es nun in der Bundesrepublik erstmals erlaubt, Cannabis anzubauen. „Wer viel und guten Ertrag will, betreibt schnell eine kleine Wissenschaft“, so stand es vor wenigen Wochen im Freitag (Ausgabe 09/2024), und so stimmt es noch immer. Aber: Jede Wissenschaft beginnt mit Neugier – in bester wahrheitssuchender Absicht daher hier sieben Antworten auf häufige Fragen.

Es wird wohl noch eine Weile dauern, ehe sich speziell für den Anbau gezüchtete Cannabis-Samen in Deutschland der Gartenabteilung des Baumarkts oder beim Raucherbedarf kaufen lassen, daher kann man bis auf Weiteres auf bewährte Händler zurückgreifen. Schon seit vielen Jahren gibt es diverse Shops für Cannabis-Samen, die auch nach Deutschland liefern. Anbieter wie SensiSeeds oder RoyalQueenSeeds verschicken aus den Niederlanden in diskreten Verpackungen – das war bis vor kurzem illegal, aber schwer zu kontrollieren, jetzt ist es nur noch zweiteres.

Neben Sorten, die speziell für den Innenanbau („Indoor“) oder den Anbau im Freien („Outdoor“) gezüchtet worden sind, unterscheiden Samenhändler meist noch zwischen feminisierten und automatisch blühenden („Autoflowering“) Sorten. Bei ersterem handelt es sich um Cannabis-Samen, die so gezüchtet wurden, dass sie fast ausschließlich weibliche Pflanzen hervorbringen – nur diese bilden die Blüten mit dem THC-Wirkstoff aus. Wer also nicht eine statistische Hälfte seiner Ernte zu Beginn der Blüte aussortieren möchte, greife zu diesen.

Üblicherweise richtet sich die Blütezeit der Cannabis-Pflanze nach den Sonnenstunden. Autoflowering-Sorten fangen nach einer Weile – meist nach ein paar Wochen – von selbst an zu blühen. Das ist besonders praktisch, wenn man außerhalb des Jahreszeitenzyklus anbauen und/oder mehrmals im Jahr ernten möchte.

Cannabis-Samen sollten vor dem Einpflanzen vorsichtig gekeimt werden. Eine Möglichkeit: Die Samen zwischen zwei Zellstoff-Tücher legen und vorsichtig befeuchten, etwa mit einer Sprühflasche. Die Samen keimen besser in Dunkelheit – normalerweise liegen sie ja unter der Erde – daher lohnt es sich, sie etwas abzudecken. Nach ein paar Tagen sollte der Keim in Form eines kleinen weißen Triebs erkennbar sein.

Ab diesem Zeitpunkt wachsen Cannabis-Samen im Grunde unter den meisten, auch schwierigen Bedingungen. Je intensiver man sich jedoch um eine gute Anzucht bemüht, desto stärker werden die Wurzeln und desto stabiler und gegebenenfalls ertragreicher wird die Pflanze. Tipp: Die gekeimten Samen in Kokosquelltabletten setzen und die Pflanze leicht austreiben lassen, bevor man sie in ein größeres Gefäß umpflanzt. Anzuchterde funktioniert gut, da sie die Jungpflanze nicht mit zu vielen Nährstoffen stresst. Torf: bitte nicht. Der ist zwar gut für die Pflanze, aber schlecht fürs Klima.

Darüber hinaus ließe sich über die richtige Erde ewig fachsimpeln, professionelle Züchter*innen mischen sogar ihre eigene. Nur so viel: Eine gute Drainage und Belüftung sind ratsam.

Reguläre Cannabis-Samen wachsen, wie viele Pflanzen, im Frühjahr bis zum Hochsommer, fangen dann an zu blühen und können im Herbst geerntet werden – sofern sie, wie oben beschrieben, nicht anders gezüchtet wurden. Für den Anbau im Freien empfiehlt es sich, die sogenannten Eisheiligen (Mitte Mai) abzuwarten – nach diesen ist Bodenfrost in unseren Breitengraden unwahrscheinlich.

Cannabis kann problemlos als Topfpflanze an der Fensterbank angebaut werden, aber Achtung: Viele Sorten können auch unter suboptimalen Bedingungen sehr groß werden und gerade in der Blütezeit einen starken Geruch verströmen. Der verrät nun zwar keine Straftat mehr, angenehm findet ihn trotzdem nicht jeder.

Professionelle Indoor-Gärtner*innen nutzen eine sogenannte Growbox oder bauen sich einen speziell für den Cannabis-Anbau präparierten, abgeschlossenen Ort irgendwohin, wo Platz ist. Belichtung, Belüftung und Bewässerung lassen sich mit entsprechender Technik künstlich regulieren oder sogar automatisieren. So gezüchtet kann die Pflanze hohe Erträge abwerfen und stört weder Nachbar*innen noch Mitbewohner*innen – nur die Stromrechnung sollte man im Blick behalten.

Im Freien kann die Pflanze unter richtigen Bedingungen sehr groß werden, ist hier aber den üblichen Umweltfaktoren ausgesetzt: Wind, Wetter, Schädlinge. Ein gut belüftetes Gewächshaus ist nicht günstig, aber ideal. Begleitpflanzen wie Sonnenblume, Ringelblume oder Pfefferminze verbessern die Bodenqualität und locken die richtigen Insekten an, um Schädliche fernzuhalten.

Die meisten Cannabis-Sorten sind robust und verkümmern nicht sofort bei falscher Bewässerung oder Düngung. In den ersten Wochen sollte dennoch lieber kein Dünger verwendet werden, um die zarten Pflänzchen nicht zu überfordern. In der Wachstumsphase braucht die Pflanze dann viel Wasser, was sie gegebenenfalls mit hängenden Blättern anzeigt. Die Blütezeit lässt sich mit Zugabe von Phosphor und Kalium unterstützen.

Wer innen anbaut, sollte darauf achten, dass die Pflanze regelmäßig ein wenig bewegt wird. In Growboxen übernimmt dies meist ein kleiner Lüfter. An der Fensterbank kann man die Pflanze gelegentlich schütteln oder das Fenster öffnen. Dadurch entwickelt der Stamm genug Stärke, um die Blüten zu tragen.

Schon zeitig riechen die Blüten verlockend, ernten sollte man sie aber erst, wenn einige der Blatthärchen (Fachterminus: Trichome) leicht bräunlich geworden sind. Tipp: Vor dem Ernten die Pflanze ein paar Tage nicht gießen. Dadurch entweicht Feuchtigkeit aus den Blüten und sie lassen sich später leichter trocknen.

Geerntet wird, indem die Blüten von den Blättern getrennt werden – am besten erst grob mit der Heckenschere und später fein mit der Nagelschere. Jegliches Pflanzenmaterial, das Trichome trägt, hat Wirkungspotential, alles andere kann höchstens ob seiner Fasern oder für einen (wirkungslosen) Hanf-Tee verwendet werden.

Die geernteten Blüten müssen ein paar Tage trocknen, zumindest, wenn sie geraucht werden sollen. Um die Inhaltsstoffe nicht zu zerstören, sollte dies im Dunkeln geschehen. Damit die Blüten nicht schimmeln, kann man sie künstlich belüften, aufhängen – etwa an einer Wäscheleine – oder hin und wieder wenden. Profis fermentieren, indem sie die Blüten in ein Einmachglas legen, dunkel lagern und das Glas nur hin und wieder „aufstoßen“, um die Feuchtigkeit entweichen zu lassen. So verlieren die Blüten den Chlorophyll-Geschmack (sehr frisches Cannabis riecht und schmeckt ein wenig nach Heu), nicht aber die Wirkstoffe.

QOSHE - Ratgeber | Cannabis für Anfänger: Wie baue ich jetzt mein Gras an? - Konstantin Nowotny
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Ratgeber | Cannabis für Anfänger: Wie baue ich jetzt mein Gras an?

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03.04.2024

Jauchzet, frohlocket: Die Ampel hat das Gras freigegeben. Mit dem „CanG“ ist es nun in der Bundesrepublik erstmals erlaubt, Cannabis anzubauen. „Wer viel und guten Ertrag will, betreibt schnell eine kleine Wissenschaft“, so stand es vor wenigen Wochen im Freitag (Ausgabe 09/2024), und so stimmt es noch immer. Aber: Jede Wissenschaft beginnt mit Neugier – in bester wahrheitssuchender Absicht daher hier sieben Antworten auf häufige Fragen.

Es wird wohl noch eine Weile dauern, ehe sich speziell für den Anbau gezüchtete Cannabis-Samen in Deutschland der Gartenabteilung des Baumarkts oder beim Raucherbedarf kaufen lassen, daher kann man bis auf Weiteres auf bewährte Händler zurückgreifen. Schon seit vielen Jahren gibt es diverse Shops für Cannabis-Samen, die auch nach Deutschland liefern. Anbieter wie SensiSeeds oder RoyalQueenSeeds verschicken aus den Niederlanden in diskreten Verpackungen – das war bis vor kurzem illegal, aber schwer zu kontrollieren, jetzt ist es nur noch zweiteres.

Neben Sorten, die speziell für den Innenanbau („Indoor“) oder den Anbau im Freien („Outdoor“) gezüchtet worden sind, unterscheiden Samenhändler meist noch zwischen feminisierten und automatisch blühenden („Autoflowering“) Sorten. Bei ersterem handelt es sich um Cannabis-Samen, die so gezüchtet wurden, dass sie fast ausschließlich weibliche Pflanzen hervorbringen – nur diese bilden die Blüten mit dem THC-Wirkstoff aus. Wer also nicht eine statistische Hälfte seiner Ernte zu Beginn der Blüte aussortieren möchte, greife zu diesen.

Üblicherweise richtet sich die Blütezeit der Cannabis-Pflanze nach den........

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