Die Enterprise-Crew geht wieder auf Reisen in die unendlichen Weiten des Alls. Gefühlt wird ab Montag die halbe Besatzung des legendären Raumschiffs unterwegs sein und soll bis zu 300 Millionen Kilometer weit ins All fliegen – so jedenfalls die vorgesehene Startstrecke.

Fakt ist: Am 8. Januar werden im Zuge einer Weltraumbestattung die sterblichen Überreste einiger Star-Trek-Größen ins All geschossen. Mit dabei ist Enterprise-Erfinder Gene Roddenberry, dessen Ehefrau Majel Barrett, die in der Serie Dr. McCoys rechte Hand auf der Krankenstation spielt – Schwester Chapel mit der blonden Betonfrisur – und darüber hinaus dem Bordcomputer ihre Stimme leiht, außerdem sind an Bord Technikchef Scotty (James Doohan), der ewig an Spock herumnörgelnde Dr. Leonard McCoy (DeForest Kelley) und die Kommunikationsoffizierin Lt. Uhura (Nichelle Nichols).

Allerdings sind es nicht mehr als ein paar Gramm Asche in einer lippenstiftgroßen Kapsel, die von der Firma Celestis von Cape Canaveral aus in den Weltraum geschossen werden. Und für Asche von Gene Roddenberry und Scotty ist es nicht einmal der erste Flug ins All. Der Ex-Polizist und Star-Trek-Erfinder wurde schon unter anderem zusammen mit LSD-Guru Timothy Leary auf der allerersten Weltraumbestattung 1997 in den Orbit geschossen, James Doohan folgte ein Jahrzehnt später.

Die bisherigen Flüge führten die Überreste allerdings nur in den Orbit, um dort ein paar Monate oder sogar Jahre zu kreisen und dann beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre zu verglühen. Der echte Science-Fiction-Nerd dürfte da gleich an Kurt Vonneguts Erzählung Thanasphere aus dem Jahr 1950 denken, in der sich herausstellt, dass die Toten als feinstoffliche Wesen im Erdorbit herumgeistern. Aber im 21. Jahrhundert soll es jetzt weiter hinausgehen. So ist das Neue an der Mission am 8. Januar, die dann auch noch den klangvollen Namen „Enterprise Flight“ trägt, dass sie wirklich in die Tiefen des Weltraums vordringen soll.

Anvisiert ist eine Reise von etwa 300 Millionen Kilometern, was jenseits des Mondorbits liegt, aber immer noch ein begrenzter Spaziergang durch unser regionales Sonnensystem bleibt. Doch wer weiß, wo der Enterprise-Sarkophag noch hinfliegt, wenn er erst einmal in Bewegung gesetzt ist. Man denke an das Raumschiff Aniara in dem gleichnamigen Gedicht-Opus (1956) des schwedischen Literaturnobelpreisträgers Harry Martinson, der vor einigen Jahren wirklich sehenswert verfilmt wurde. Es driftet unkontrolliert durch den Raum und trifft erst ganz am Ende nach einer Reise von fünf Millionen Jahren auf einen Planeten im Lyra-System und stoppt endlich. Wobei das immer noch recht nah bleibt im Vergleich zu den Tiefen des Alls, in die die ursprüngliche Enterprise und ihre Folge-Raumschiffe des Star-Trek-Franchises vorgedrungen sind.

Vier Anbieter von Weltraumbestattungen gibt es derzeit, allesamt in den USA ansässig. Damit sich dieser ökologische Irrsinn in Zeiten knapper werdender Ressourcen kapitalistisch rechnet, fliegen neben den Werbe-Ikonen für diese Reise in den „Deep Space“, wie das in der Werbeprosa der durchführenden Firma heißt, ein paar Dutzend zahlende Normalbürger mit.

Die Kosten für Weltraumbestattungen liegen laut der Firma Celestis bei 50 Prozent von den 7.000 bis 12.000 Dollar, die eine herkömmliche Beerdigung in den USA kostet. Wobei dann gerade mal ein Gramm Asche verschickt wird. Weder die Einäscherung noch die Aufbewahrung ist damit abgedeckt. Womöglich steht die eine oder andere Urne dann einfach zu Hause neben einem stimmungsvollen Star-Trek-Franchise-Artikel auf dem Kaminsims, während sich ein Gramm daraus in die Tiefen unbekannter Galaxien vorankämpft.

Eine fast schon legendäre Weltraumbestattung gibt es übrigens auch im Star-Trek-Kinofilm Der Zorn des Khan (1982). In der Schlussszene wird der verstorbene Spock in einem Photonen-Torpedo als Sarg auf den Planeten Genesis geschossen – inklusive einer schmalzigen Leichenrede von Kapitän Kirk, dessen Darsteller William Shatner sich, nebenbei bemerkt, explizit gegen eine künftige Weltraumbestattung seiner Asche aussprach. Im darauffolgenden Film Auf der Suche nach Mr. Spock wird der spitzohrige Vulkanier plötzlich wieder lebendig.

Vielleicht ist das ja auch die stille Hoffnung einiger Anhänger der Weltraumbestattung: dass die ins finstere All geschossenen Asche- und DNA-Reste in der Unendlichkeit des grenzenlosen Weltraums irgendwie weiterexistieren.

QOSHE - Enterprise Flight | Weltraumbestattung für die Stars aus „Star Trek“ - Florian Schmid
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Enterprise Flight | Weltraumbestattung für die Stars aus „Star Trek“

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05.01.2024

Die Enterprise-Crew geht wieder auf Reisen in die unendlichen Weiten des Alls. Gefühlt wird ab Montag die halbe Besatzung des legendären Raumschiffs unterwegs sein und soll bis zu 300 Millionen Kilometer weit ins All fliegen – so jedenfalls die vorgesehene Startstrecke.

Fakt ist: Am 8. Januar werden im Zuge einer Weltraumbestattung die sterblichen Überreste einiger Star-Trek-Größen ins All geschossen. Mit dabei ist Enterprise-Erfinder Gene Roddenberry, dessen Ehefrau Majel Barrett, die in der Serie Dr. McCoys rechte Hand auf der Krankenstation spielt – Schwester Chapel mit der blonden Betonfrisur – und darüber hinaus dem Bordcomputer ihre Stimme leiht, außerdem sind an Bord Technikchef Scotty (James Doohan), der ewig an Spock herumnörgelnde Dr. Leonard McCoy (DeForest Kelley) und die Kommunikationsoffizierin Lt. Uhura (Nichelle Nichols).

Allerdings sind es nicht mehr als ein paar Gramm Asche in einer lippenstiftgroßen Kapsel, die von der Firma Celestis von Cape Canaveral aus in den Weltraum geschossen werden. Und für Asche von Gene Roddenberry und Scotty ist es nicht einmal der erste Flug ins........

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