Eris und Pirola haben uns die Party verdorben. Das stellte ich am nächsten Morgen fest. Die beiden Namen hatte ich noch nie gehört. Es handelt sich offenbar um eine Art Nachkommen von Omikron. Den Namen hatte ich auch lange nicht mehr gehört. Aber ihn habe ich noch gut in Erinnerung.
Es war die Geburtstagsparty meines Freundes. Er wollte endlich mal wieder groß feiern, so groß wie man das mit Mitte 40 eben noch macht. So wie 2019, sagte er, so wie im letzten unbeschwerten Partyjahr vor Corona. Ein Jahr, das in der Erinnerung immer besser klingt und gleichzeitig immer stärker verschwimmt. Kamen damals Leute, obwohl sie einen Schnupfen hatten? Ich kann mich nicht erinnern, gehe aber fest davon aus. Man hatte Erkältungen, aber man redete nicht über sie. Wildes Leben!
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Am Donnerstag, zwei Tage vor der Party, kam die erste Absage. Sie enthielt ein Foto von einem Coronatest, mit zwei roten Strichen. „Ich dachte, dass wir damit durch wären“, schrieb der Absender, „is’ wohl nicht so. Hab Husten, Schnupfen und so Zeugs.“ Eine Freundin teilte mit, ihr Test sei nach einer Woche immer noch positiv. Eine andere schrieb, sie habe schon den Martini für Samstag kalt gestellt, liege aber nun mit Fieber im Bett. Und auch einer der besten Freunde meines Freundes rief an, mit schwer belegter Stimme, es habe ihn und seine Frau erwischt.
Mein Freund wollte nun auch einen Test machen. Er hatte erfahren, dass er selbst bei einer Weihnachtsfeier neben Leuten gesessen hatte, die jetzt Corona hatten. Als er die Röhrchen mit der Testflüssigkeit aus der Packung nahm, stellte er fest, dass sie eingetrocknet war. So wie unser Coronawissen. Es hätte ein schönes Bild für das Ende der Pandemie sein können.
Einen Tag vor der Party kaufte mein Freund, noch zuversichtlich, zwei Kästen Bier, zwölf Flaschen Wein, ein paar Flaschen Sekt. Als er aus dem Supermarkt kam, waren die nächsten Nachrichten da: „Ick hab mir Corona eingefangen, wie blöd.“ Die Absagen teilten sich in zwei Kategorien: mit Testergebnis und ohne. Mein Freund setzte einen Kessel mit zwei Kilo Gulasch auf und fing an, eine Flasche Rotwein allein zu trinken.
Auch am Tag der Party meldeten sich Leute, die absagten. Einer schrieb, er liege seit dem Morgen flach, „meine Droge ist jetzt Ibu 600 + Kräutertee.“ Die letzte Absage kam am späten Abend. Sie begann mit den Worten „fast wäre ich noch rumgekommen“ und enthielt ein Foto. Ein Test, zwei Streifen, der Kreis schloss sich.
Statt mehr als 30 Leute kamen am Ende 17. Die Verschonten und die Rekonvaleszenten. Sie tranken tapfer einen Kasten Bier leer. Jemand hatte gerade Corona und eine andere Erkältung hinter sich. Eine Freundin hustete ziemlich laut, ihr Test war aber negativ. Sie bat um Kräutertee mit Whiskey.
„Hartnäckiger Husten mit trockenem Hals“ gehört zu den Symptomen von Eris und Pirola, den neuen Varianten, las ich am nächsten Tag. Außerdem Schnupfen, Kopfschmerzen, Fieber. Man kann auch Durchfall haben. In einem Artikel sagte ein Virologe, es sei nicht mehr wichtig zu wissen, warum man krank sei. Man solle nur zu Hause bleiben.
War das wirklich ein Virologe, wo waren all die Regeln hin? Unsere Freunde hatten sich demnach streberhaft (die vielen Tests) bis vorbildlich (die Absagen) verhalten. Ich war verwirrt. War die Pandemie nun vorbei? Kommt die Zeit zurück, in der man mit Schnupfen ausgeht? Wäre das entspannt – oder unverantwortlich?
Mein Freund sagte am nächsten Tag, er wisse nicht, ob er je wieder Geburtstag feiern wolle. Und machte sich eine Portion Gulasch warm.
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