Als der Vorsteher das Ergebnis vorlas, stockte wohl manchem im Bezirksparlament der Atem. Anders als erwartet, ist Bernd Geschanowski, letzter Stadtrat der AfD in Berlin, am Donnerstagabend im Rathaus Treptow nicht abgewählt worden.

Dann brach Jubel auf der rechten Seite des Saals aus, die Verordneten der AfD klatschten, auch einige Gäste, die offenbar zur Partei gehörten. Verordnete der anderen Parteien verließen den Saal schnell. Die Sitzung wurde für eine halbe Stunde unterbrochen.

Der Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) hatte gesprochen, bevor die Debatte über die Abberufung des Stadtrats am Abend begann. Er berichtete, was es Neues in Treptow-Köpenick gibt. Und erwähnte, dass die Haushaltssperre für das Ordnungsamt aufgehoben wurde.

Die Sperre war eins der Argumente, mit dem SPD, Grüne und Linkspartei vor fünf Wochen die Abwahl von Bernd Geschanowski, Stadtrat für Öffentliche Ordnung im Bezirk, gefordert hatten. Nun gibt es sie nicht mehr. Die Verordneten trugen den Antrag trotzdem erneut vor – teilweise mit mehr Schärfe als bei der Sitzung der BVV Anfang März.

Irina Vogt, Fraktionsvorsitzende der SPD, warf Geschanowski „persönliches Fehlverhalten schon in der letzten Amtsperiode“ vor. Nach der Geschanowski allerdings 2021 wieder ins Bezirksamt gewählt worden war. Es gebe einen „Vertrauensverlust in seine Amtsführung“, sagte sie. Philipp Wohlfeil, Fraktionsvorsitzender der Linken, warf dem Stadtrat zusätzlich eine „repressive Ausrichtung“ des Ordnungsamts vor. Mitarbeiter hätten rauchende Jugendliche drangsaliert.

Sven Dohnalek, Fraktionschef der Grünen, sprach von einer „charakterlichen Nichteignung“ des Stadtrats, die unabhängig von seiner Amtsführung festzustellen sei. Dohnalek berief sich dabei unter anderem auf die Berichterstattung der Berliner Zeitung. Dort war Bernd Geschanowski am Wochenende mit der Aussage zitiert worden, er könne eine Radikalisierung der AfD nicht erkennen. „Die AfD verfolgt eine politische Agenda, die menschenfeindlich ist und ausgrenzt“, sagte Dohnalek. Mitglieder aus der Fraktion der AfD reagierten darauf mit lautem Gelächter.

•heute

16.04.2024

•gestern

Auch Irina Vogt von der SPD zitierte die Aussage des Stadtrats in der Berliner Zeitung. Bisher habe man gesagt, Geschanowski schweige zur Radikalisierung seiner Partei, nun aber sei klar: „Das ist mehr als Schweigen.“

Dustin Hoffmann, Vorsitzender der CDU-Fraktion, auf deren Stimmen es an diesem Abend ankam, wiederholte, dass Geschanowski 2021 gar nicht erst noch einmal ins Amt hätte kommen dürfen. Die CDU stehe klar gegen die AfD und den Stadtrat.

Bernd Geschanowski verteidigte sich erneut, verwies auf die aufgehobene Haushaltssperre, nannte den Antrag auf seine Abberufung „substanzlos“ und „unfassbar“.

Nach einer halben Stunde war damit die zweite Debatte über seine Abberufung vorbei, nun konnte abgestimmt werden, in zwei extra aufgebauten Kabinen.

Das Ergebnis: 52 Stimmen wurden abgeben – nur 31 für die Abwahl des Stadtrats. Zwei Verordnete hatten sich enthalten, fünf hatten ungültige Stimmen abgegeben. Und 14 für Geschanowski gestimmt. Die AfD-Fraktion hat acht Mitglieder. In Treptow-Köpenick dürfte nun eine Debatte darüber beginnen, wer den AfD-Stadtrat im Amt behalten wollte.

QOSHE - Abwahl von AfD-Stadtrat gescheitert: Jubel und Entsetzen in Treptow-Köpenick - Wiebke Hollersen
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Abwahl von AfD-Stadtrat gescheitert: Jubel und Entsetzen in Treptow-Köpenick

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18.04.2024

Als der Vorsteher das Ergebnis vorlas, stockte wohl manchem im Bezirksparlament der Atem. Anders als erwartet, ist Bernd Geschanowski, letzter Stadtrat der AfD in Berlin, am Donnerstagabend im Rathaus Treptow nicht abgewählt worden.

Dann brach Jubel auf der rechten Seite des Saals aus, die Verordneten der AfD klatschten, auch einige Gäste, die offenbar zur Partei gehörten. Verordnete der anderen Parteien verließen den Saal schnell. Die Sitzung wurde für eine halbe Stunde unterbrochen.

Der Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) hatte gesprochen, bevor die Debatte über die Abberufung des Stadtrats am Abend begann. Er berichtete, was es Neues in Treptow-Köpenick gibt. Und erwähnte, dass die Haushaltssperre für das Ordnungsamt aufgehoben wurde.

Die Sperre war eins der Argumente, mit dem........

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