Bei der Pressekonferenz am Freitag beschworen Olaf Scholz, Emmanuel Macron und Donald Tusk Einigkeit – in Europa und gegenüber der Ukraine.

Doch hinter den Kulissen knirscht es beim Treffen im Rahmen des Weimarer Dreiecks. Das merkte man auch daran, dass nach den offiziellen Statements der drei Staats- und Regierungschefs keine Fragen von Journalisten zugelassen waren.

Denn es geht um viel für Frankreich, Deutschland und Polen. Paris und Warschau wollen den Krieg in der Ukraine so weit eskalieren, dass sie sogar den Beschuss russischen Territoriums in Kauf nehmen. Deutschland soll den Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern. Die Rakete hat eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern und könnte damit sogar Ziele in Moskau zerstören. Deutschland – und damit die Nato – droht bei einer Lieferung des Taurus zur direkten Kriegspartei zu werden.

Dafür gab es ein klares Nein aus Deutschland. Der Bundeskanzler hatte am Mittwoch im Bundestag ein Machtwort gesprochen und trotz großen Drucks aus den eigenen Reihen der Ampel-Fraktion auf der Ablehnung der Taurus-Lieferung bestanden. „Klar ist, wir sind nicht im Krieg mit Russland“, stellte Scholz am Freitag in Berlin

Macron goss dennoch Öl ins Feuer, indem er am Vorabend des Treffens im französischen Fernsehen ein ausführliches Interview gab, um erneut die Taurus-Lieferung Deutschlands zu fordern und die Entsendung von Nato-Bodentruppen in die Ukraine in Betracht zu ziehen.

Viel Gesprächsstoff also für Scholz und Macron, die sich am Freitag zunächst zu zweit aussprachen, bevor Polens Ministerpräsident dazustieß. Der schien nur eine Botschaft übermitteln zu wollen. Donald Tusk trug fast ausschließlich die Ergebnisse seines Gesprächs mit US-Präsident Joe Biden vor, den er am Vortag in Washington aufgesucht hatte. Der Tenor: Europa soll sich im Ukraine-Krieg stärker engagieren, damit sich die USA aus dem Konflikt zurückziehen können. Tusk übersetzte diplomatisch: „Je stärker Europa sein wird, desto größer wird auch die Chance für die Ukraine sein, den Krieg zu gewinnen und desto besser werden auch die transatlantischen Beziehungen sein.“

13.03.2024

14.03.2024

gestern

13.03.2024

14.03.2024

Washington will den europäischen Ukraine-Kurs moderieren. Kiew soll nach dem Willen der Amerikaner mit weitreichenden Verteidigungswaffen ausgerüstet werden. Macrons Forderungen nach Nato-Bodentruppen und Taurus-Raketen werden in den USA nicht sonderlich ernst genommen. Vielmehr scheinen sich die USA auf einen „eingefrorenen Konflikt“ in der Ukraine einzustellen.

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Waffen-Streit zwischen Scholz und Macron: Was liefert Frankreich überhaupt an die Ukraine?

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Davon zeugen die Ergebnisse des Weimarer-Dreieck-Treffens, die Scholz am Freitag bekannt gab. Demnach soll im Rahmen des Ramstein-Formats eine neue „Fähigkeitskoalition für weitreichende Raketen-Artillerie“ gegründet werden. Auf der US-Luftwaffenbasis in Ramstein treffen sich regelmäßig 50 Vertreter der Nato-Staaten, um das weitere Vorgehen im Ukraine-Krieg zu koordinieren. Scholz hatte bei früheren Treffen mehrmals im Vorfeld der Forderung nach schweren Waffen für Kiew eine Absage erteilt. In Ramstein war der Widerstand dann auf Druck der USA gebrochen worden.

Scholz dürfte in Ramstein aber auch an anderer Stelle unter Druck geraten. Die USA wollen die erzielten Gewinne aus den in Europa festgesetzten Vermögenswerten der russischen Zentralbank für die Ukraine freigeben. US-Finanzministerin Janet Yellen forderte die G7 jüngst dazu auf. Am Freitag bekannte sich der Kanzler zu der Forderung.

Doch besonders für Deutschland ist der Schritt heikel. Lange hat sich Deutschland dagegen gewehrt, weil die Weiterleitung festgesetzter Vermögenswerte einen Präzedenzfall auf den Finanzmärkten darstellen würde, den andere Staaten dazu ermuntern könnte, Vermögen einzuklagen. Die Bundesregierung soll unter anderem lange gezaudert haben, weil die polnische Regierung dadurch eine juristische Steilvorlage für die Durchsetzung ihrer Reparationsansprüche aus dem Zweiten Weltkrieg bekäme. Dass die Forderung mit der polnischen Regierung abgesprochen war, lässt aufhorchen.

QOSHE - Macron und Tusk gegen Scholz: Nicht nur Raketen-Artillerie, auch russisches Vermögen für die Ukraine - Simon Zeise
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Macron und Tusk gegen Scholz: Nicht nur Raketen-Artillerie, auch russisches Vermögen für die Ukraine

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16.03.2024

Bei der Pressekonferenz am Freitag beschworen Olaf Scholz, Emmanuel Macron und Donald Tusk Einigkeit – in Europa und gegenüber der Ukraine.

Doch hinter den Kulissen knirscht es beim Treffen im Rahmen des Weimarer Dreiecks. Das merkte man auch daran, dass nach den offiziellen Statements der drei Staats- und Regierungschefs keine Fragen von Journalisten zugelassen waren.

Denn es geht um viel für Frankreich, Deutschland und Polen. Paris und Warschau wollen den Krieg in der Ukraine so weit eskalieren, dass sie sogar den Beschuss russischen Territoriums in Kauf nehmen. Deutschland soll den Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern. Die Rakete hat eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern und könnte damit sogar Ziele in Moskau zerstören. Deutschland – und damit die Nato – droht bei einer Lieferung des Taurus zur direkten Kriegspartei zu werden.

Dafür gab es ein klares Nein aus Deutschland. Der Bundeskanzler hatte am Mittwoch im Bundestag ein Machtwort gesprochen und trotz großen Drucks aus den........

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