Die globale Immobilienkrise macht deutschen Banken zu schaffen. Leerverkäufer wetten vermehrt auf fallende Aktienkurse der Deutschen Pfandbriefbank, nachdem die Ratingagentur S&P die Bonität des Geldhauses herabgestuft hat. Auch die Wiesbadener Aareal-Bank ist in den Abwärtsstrudel geraten. Die Ratingagentur Fitch schätzt die Zahlungsfähigkeit des Instituts geringer ein: „Die Herabstufung spiegelt unsere Erwartung wider, dass die Herausforderungen auf dem US-Büroimmobilienmarkt die Asset-Qualität und die operative Profitabilität von Aareal belasten“, teilte die Ratingagentur mit.

In den USA steht der Büromarkt vor dem Umbruch. Nach der Coronapandemie hat sich Homeoffice in Unternehmen durchgesetzt. Deshalb sind Gewerbeimmobilien unterausgelastet. Zudem haben die gestiegenen Leitzinsen die Lage verschärft. Kredite haben sich verteuert, was die Nachfrage zusätzlich bremst.

Schätzungen der amerikanischen Carlyle Group zufolge wurden die Preise für Gewerbeimmobilien bereits um eine Billion US-Dollar gedrückt. Eine Wertminderung, die die Bilanzen von Banken erheblich belasten dürfte. Doch die bisherigen Pleiten sind erst ein kleines Vorbeben. Bislang haben sich die großen Verluste noch nicht realisiert, weil die meisten Eigentümer noch nicht bereit sind, ihre Immobilien zu den stark gesunkenen Preisen zu verkaufen. Noch platzt die Blase nicht, die sich über dem globalen Finanzmarkt aufgeblasen hat.

Die Bankkredite für Gewerbeimmobilien werden in den USA zu 70 Prozent von kleinen und mittelgroßen Banken vergeben. Die jüngste Pleitewelle ging von der New York Community Bancorp (NYCB) aus, eine mittelgroße amerikanische Bank. Ende Januar wies sie einen Verlust von 252 Millionen US-Dollar aus. Binnen weniger Tage brach der Aktienkurs um 45 Prozent ein.

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Von den USA schwappte die Welle nach Deutschland. Die Deutsche Pfandbriefbank musste am 7. Februar die Reißleine ziehen und Investoren beruhigen, indem sie eine Erklärung abgab: Wegen der „größten Immobilienkrise seit der Finanzkrise“ in den USA müsse sie ihre Rückstellungen für drohende Verluste erheblich erhöhen.

Mittlerweile ist auch die europäische Bankenaufsicht alarmiert. „Die Banken, so seltsam es klingt, müssen sich auf ihr Sterben vorbereiten“, sagte der Chef der Europäischen Bankenabwicklungsbehörde SRB, Dominique Laboureix, Anfang der Woche. „Und wir als Institution müssen ebenfalls vorbereitet sein, im Ernstfall die Banken geräuschlos abzuwickeln.“ Er wolle der Öffentlichkeit versichern, „dass wir alles tun, um Finanzstabilität zu erhalten, ohne den Steuerzahler zu belasten“.

Doch nicht nur im Westen droht eine Immobilienblase zu platzen, die sich im Verlauf der Nullzinsphase in den letzten zehn Jahren aufgebaut hat. Auch in China ist der Markt eingebrochen. Große Immobilienentwickler, allen voran Branchenprimus Evergrande, sind von der Pleite bedroht.

Ökonomen von Goldman Sachs haben in einer Analyse die derzeitige Immobilienblase in China mit der Immobilienkrise in den USA von 2008 vergleichen. Nach Schätzungen von Goldman erreichten die amerikanischen Immobilienpreise im Jahr 2006 mit einem Verhältnis zum Einkommen von 3,5 ihren Höhepunkt. In China erreichte dieses Verhältnis im Jahr 2021 7,8. Strukturelle Faktoren, darunter Anreize seitens der Kommunalverwaltungen, die Preise für Wohngrundstücke hoch und weiter steigen zu lassen, seien ein Grund für das extremere Verhältnis.

Während einige Beobachter darauf hinweisen, dass das staatlich dominierte System Chinas dazu führt, dass Beamte den Finanzinstituten einfach sagen können, dass sie Kredite vergeben sollen, sieht Goldman Probleme. Banken „zögern, Kredite zu vergeben, aus Angst vor möglichen Kreditverlusten und einer nachträglichen Bestrafung für ausgefallene Kredite“, schrieben die Ökonomen.

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Schließlich „müssen die politischen Entscheidungsträger negative Spillover-Effekte verhindern.“ Im Fall der USA war dies praktisch das breitere Finanzsystem. In China besteht das Risiko, dass die Kommunalverwaltungen den Stress verbreiten, indem sie auf die entgangenen Einnahmen aus Grundstücksverkäufen mit der Nichtbezahlung von Beamten und der Kürzung öffentlicher Ausgaben reagieren.

Der amerikanische Finanzanalyst Michael Hudson wies im Gespräch mit der Berliner Zeitung darauf hin, dass die Regionalregierungen in China wirtschaftlich darauf angewiesen sind, Einnahmen aus Immobilienverkäufen zu erzielen. Die chinesische Regierung habe noch keine Lösung für das Problem gefunden. „Sie sollten eine Grundsteuer einführen, dadurch würden die Gewinne der Immobilienentwickler abgeschöpft und die Spekulation verringert“, sagte Hudson der Berliner Zeitung. Die Regierung müsse sich entscheiden: „Entweder lässt sie die Banken untergehen und übernimmt die Schulden der Kleinanleger, damit diese ihr Geld nicht verlieren, lassen aber die großen Banken und Fonds pleitegehen“, sagte Hudson. „Oder die Regierung macht es wie US-Präsident Obama in der Finanzkrise 2008, steht für die Verluste der Großbanken und Investoren gerade und treibt die Spekulation weiter an.“

In China drohte sich die Immobilienkrise auszuweiten, nachdem im Januar die Börse in Shanghai zusammenbrach. Bis zu sieben Billionen US-Dollar verloren die Kurswerte in der Spitze.

Der chinesische Staatsfonds Central Huijin Investment intervenierte, indem er börsengehandelte Fonds aufkaufte. Und die Spitze der Börsenaufsicht wurde ausgetauscht. Der neue oberste Aufseher Wu Qing trägt den Namen „Broker-Schlächter“ weil er Mitte der 2000er Jahre mehr als 30 Firmen wegen Verstößen im Börsenhandel dichtgemacht hatte. Im Jahr 2009 leitete er außerdem ein Vorgehen gegen Insiderhandel bei Investmentfonds. Die Kurse wurde stabilisiert.

Doch die Wirtschaft droht in eine Abwärtsspirale zu rutschen. Während die USA und Deutschland mit der Inflation zu kämpfen haben, sind die Preise in China drei Quartale in Folge gefallen. Es ist die längste Deflationswelle seit der asiatischen Finanzkrise Ende der 1990er Jahre.

Im Westen sind die Preise im Zuge der Wiedereröffnung nach der Coronapandemie in die Höhe geschossen, da die aufgestaute Nachfrage mit Lieferengpässen bei vielen Gütern einherging. In China ist der Konsum ins Stocken geraten. Der Einbruch im Immobilienbereich hat das Vertrauen getrübt und die Menschen davon abgehalten, teure Artikel zu kaufen. Allen voran sind die Preise im verarbeitenden Gewerbe gesunken. Die Behörden vergeben Kredite an die Hersteller, um die Produktion anzukurbeln, aber die schwache Nachfrage im Inland und die schleppenden Exporte zwingen die Unternehmen, ihre Produkte herabzusetzen. Auch die Energiepreise sind gesunken, da sich die weltweite Versorgung von dem Schock erholt, der durch die russische Invasion in der Ukraine vor zwei Jahren verursacht wurde.

Für den Westen ist die Deflation in China allerdings ein Segen. Der Grund für den Rückgang der Inflation in den USA sei zum Teil auf den Wirtschaftseinbruch in China zurückzuführen, schrieb Finanzanalyst Michael Every von der niederländischen Rabobank in einem Briefing. Weil die chinesischen Waren günstiger werden, exportiert China die sinkenden Preise in den Westen. In Deutschland und in den USA müssen die Konsumenten weniger für Waren aus China bezahlen.

QOSHE - Deutsche Banken immer stärker unter Druck: Platzt die Immobilienblase? - Simon Zeise
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Deutsche Banken immer stärker unter Druck: Platzt die Immobilienblase?

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17.02.2024

Die globale Immobilienkrise macht deutschen Banken zu schaffen. Leerverkäufer wetten vermehrt auf fallende Aktienkurse der Deutschen Pfandbriefbank, nachdem die Ratingagentur S&P die Bonität des Geldhauses herabgestuft hat. Auch die Wiesbadener Aareal-Bank ist in den Abwärtsstrudel geraten. Die Ratingagentur Fitch schätzt die Zahlungsfähigkeit des Instituts geringer ein: „Die Herabstufung spiegelt unsere Erwartung wider, dass die Herausforderungen auf dem US-Büroimmobilienmarkt die Asset-Qualität und die operative Profitabilität von Aareal belasten“, teilte die Ratingagentur mit.

In den USA steht der Büromarkt vor dem Umbruch. Nach der Coronapandemie hat sich Homeoffice in Unternehmen durchgesetzt. Deshalb sind Gewerbeimmobilien unterausgelastet. Zudem haben die gestiegenen Leitzinsen die Lage verschärft. Kredite haben sich verteuert, was die Nachfrage zusätzlich bremst.

Schätzungen der amerikanischen Carlyle Group zufolge wurden die Preise für Gewerbeimmobilien bereits um eine Billion US-Dollar gedrückt. Eine Wertminderung, die die Bilanzen von Banken erheblich belasten dürfte. Doch die bisherigen Pleiten sind erst ein kleines Vorbeben. Bislang haben sich die großen Verluste noch nicht realisiert, weil die meisten Eigentümer noch nicht bereit sind, ihre Immobilien zu den stark gesunkenen Preisen zu verkaufen. Noch platzt die Blase nicht, die sich über dem globalen Finanzmarkt aufgeblasen hat.

Die Bankkredite für Gewerbeimmobilien werden in den USA zu 70 Prozent von kleinen und mittelgroßen Banken vergeben. Die jüngste Pleitewelle ging von der New York Community Bancorp (NYCB) aus, eine mittelgroße amerikanische Bank. Ende Januar wies sie einen Verlust von 252 Millionen US-Dollar aus. Binnen weniger Tage brach der Aktienkurs um 45 Prozent ein.

13.02.2024

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15.02.2024

„Größte Immobilienkrise“ in den USA seit 2008: Erste Bank........

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