Immer mehr Menschen leiden an neurologischen Problemen. So viele, dass sie inzwischen die Herz-Kreislauf-Erkrankungen an der Spitze der Gesundheitsprobleme weltweit abgelöst haben.

Eine neue Studie hat untersucht, dass im Jahr 2021 ganze 43 Prozent der Weltbevölkerung an einer Erkrankung des Nervensystems litten: Mehr als 3,4 Milliarden Menschen hatten demnach entweder Demenz, Migräne oder einen Schlaganfall.

Laut der Mitte März veröffentlichten Studie des amerikanischen Instituts für Gesundheitsmesswerte und Evaluierung nahm die Zahl derartiger Erkrankungen in den vergangenen drei Jahrzehnten um 59 Prozent zu. Hauptursache dieser Entwicklung sei die zunehmende Überalterung.

Doch auch immer mehr jüngere Menschen bekommen etwa Schlaganfälle. Bisher hatte man angenommen, das sei vorwiegend auf hohen Blutdruck zurückzuführen, doch eine weitere neue Studie hat überraschende Ergebnisse zutage gefördert, wie das Deutsche Ärzteblatt berichtet:

Jüngere Menschen im Alter von 35 bis 45 Jahren entwickeln demnach einen Schlaganfall eher aufgrund nicht traditioneller Risikofaktoren wie einer Migräne als wegen traditioneller Risikofaktoren wie Bluthoch­druck. Zu diesem Ergebnis kommt die Ende März in Circulation: Cardiovascular Quality and Outcomes veröffentlichte Studie.

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Den meisten Schlaganfällen lägen nach wie vor eher traditionelle Risikofaktoren zugrunde, dazu zählen eben Bluthochdruck, aber auch hohes Choles­terin, Typ-2-Diabetes, Rauchen, Adipositas, Bewegungsmangel, Alkoholmissbrauch oder eine koronare Herz­erkrankung. Doch seit einiger Zeit zeigten Studien eine zunehmende Inzidenz an Schlaganfällen bei jün­geren Menschen, die diese Risikofaktoren gar nicht aufwiesen.

„Wir wollten besser verstehen, welche Risikofaktoren bei jungen Erwachsenen zu einem Schlaganfall bei­tragen“, sagt Erstautorin Michelle Leppert, Neurologieprofessorin an der University of Colorado School of Medicine in Aurora.

Die Forschungsgruppe um Leppert identifizierte in einer Krankenversicherungsdatenbank im Bundesstaat Colorado 2618 Patienten mit Schlaganfall und verglich sie mit 7827 Personen ohne Schlagan­fall.

Die Analyse ergab, dass nicht traditionelle Schlaganfall-Risikofaktoren wie Migräne, Blutgerinnungsstörungen, Niereninsuffizienz, Autoimmun- und Krebserkrankungen bei Patienten im Alter von 18 bis 44 Jahren signifikant mit der Entwicklung eines Schlaganfalls assoziiert waren. Besonders stark bei Patienten unter 35 Jahren.

Bei den 18- bis 34-Jährigen waren sogar mehr Schlaganfälle mit nicht traditionellen Risikofaktoren assoziiert (31,4 Prozent bei Männern und 42,7 Prozent bei Frauen) als mit traditionellen Risikofaktoren (25,3 Prozent bei Männern und 33,3 Prozent bei Frauen).

Migräne war der wichtigste nicht traditionelle Schlaganfall-Risikofaktor bei den 18- bis 34-Jährigen. Sie war bei 20,1 Prozent der Schlaganfälle bei Männern und 34 Prozent der Schlaganfälle bei Frauen beteiligt. Ab 45 Jahren steigt die Bedeutung traditioneller Risikofaktoren.

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„Diese Ergebnisse sind sehr wichtig, da wir uns bislang vor allem auf traditionelle Risikofaktoren fokussiert haben“, sagt Leppert. „Wir dürfen die nicht traditionellen Risikofaktoren aber nicht ignorieren.“ Beide Arten von Risikofaktoren seien wichtig für die Entstehung von Schlaganfällen.

„Je jünger Patienten zum Zeitpunkt des Schlaganfalls sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Schlaganfall auf einen nicht traditionellen Risikofaktor zurückzuführen ist“, so Leppert. „Um gezielte Inter­ventionen entwickeln zu können, müssen wir die Mechanismen besser verstehen, die diesen nicht traditionellen Risikofaktoren zugrunde liegen.“

Vor allem der hohe Anteil, den Migräne an der Entwicklung von Schlaganfällen bei jüngeren Menschen habe, erstaunte die Forschenden: „Es gab zahlreiche Studien, die einen Zusammenhang zwischen Migräne und Schlaganfall gezeigt haben. Aber wir zeigen erstmals, wie stark der Risikofaktor Migräne offenbar ist.“

Doch Migräne-Patienten sind etwa in Deutschland oft nicht gut versorgt, wie eine Erhebung zeigt.

Nur vier Prozent der Patienten seien mit der Behandlung zufrieden und hätten durch die Therapie eine starke bis sehr starke Symptomlinderung erfahren. Das zeigte eine Auswertung des Praxisregisters Schmerz mit 16.000 Teilnehmenden, die die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) im Januar auf einer Pressekonferenz vorgestellt hatte. Darüber berichtete ebenfalls die Ärztezeitung.

Fast 85 Prozent der Befragten hatten angegeben, dass die Behandlung den Akutschmerz nicht beeinflusst habe. Dabei handele es sich bei Migräne um die häufigste Kopfschmerzform und die häufigste neurologische Schmerzer­krankung in Deutschland, wie der Neurowissenschaftler Michael Überall erklärte, Vizepräsident des DGS.

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Dennoch würden von Ärzten oft nur die akuten Kopfschmerzattacken bekämpft, diese seien allerdings „nur die Spitze des Eisbergs“, so Überall. Die meisten Patienten hätten vor und nach den Attacken neurologische Ver­änderungen, die den Alltag beeinträchtigen. Auslöser müssten stärker in den Blick genommen werden, um die Zahl der Migräneattacken zu reduzieren, mahnte er.

Menschen mit Migräne seien auch außerhalb akuter Attacken chronische Schmerzpatienten, betonte zudem DGS-Präsident Johannes Horlemann. Die Lebensqualität leide darunter, wenn jemand etwa keinen Ausflug fürs Wochen­ende planen könne, weil eine Attacke dazwischenkommen könne: „Das Gehirn befindet sich im Daueralarm.“ Ein Viertel der Migräne-Patienten (25,6 Prozent) habe Suizid-Gedanken.

QOSHE - Schlaganfall in jungen Jahren: Migräne gefährlicher als Bluthochdruck? - Ruth Schneeberger
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Schlaganfall in jungen Jahren: Migräne gefährlicher als Bluthochdruck?

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Doch auch immer mehr jüngere Menschen bekommen etwa Schlaganfälle. Bisher hatte man angenommen, das sei vorwiegend auf hohen Blutdruck zurückzuführen, doch eine weitere neue Studie hat überraschende Ergebnisse zutage gefördert, wie das Deutsche Ärzteblatt berichtet:

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