Sie lernten sich mit Anfang 20 kennen, später heirateten Jochen Springborn und seine Frau und bekamen eine Tochter. Dann wurde Anke krank, es begann langsam und setzt sich schleichend fort bis heute: Multiple Sklerose. Inzwischen pflegt der 54 Jahre alte Berliner seine 57-jährige Frau im Rollstuhl schon seit fast 30 Jahren. Der Ingenieur ist in Vollzeit berufstätig als leitender Angestellter in Köpenick und muss trotzdem einen Großteil der Pflege selbst übernehmen, denn der Pflegedienst ist, trotz Unterstützung durch die Pflegeversicherung und trotz guten Einkommens, zu teuer geworden.

Erst recht seit die Politik vor einem Jahr die Tariferhöhung für Pflegekräfte durchgesetzt hat – und die Pflegebedürftigen diese selber tragen müssen, obwohl das vom damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) anders angekündigt worden war. Für Jochen Springborn bedeutet das wegen des erheblichen Pflegeumfangs seiner Frau: Mehr als 1000 Euro Zusatzkosten im Monat – die er sich nicht leisten kann. Das ist ein Riesenproblem für das Berliner Paar. Und damit ist es nicht alleine. Es gibt rund acht Millionen pflegende Angehörige in Deutschland; mehr als eine Million von den fünf Millionen Pflegebedürftigen nehmen einen Pflegedienst in Anspruch.

1000 Euro mehr im Monat: Wie die Tariferhöhung Pflege zu Hause unbezahlbar macht

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Die Berliner Zeitung berichtete schon mehrfach exemplarisch über diesen Fall, später wurde Jochen Springborn ins Fernsehen eingeladen: Bei „hart aber fair“ in der ARD durfte er mit dem Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) diskutieren, auch die „Tagesschau“ zeigte ihn und seine Anliegen zur Einführung der Pflegereform. Jetzt berichtete Springborn erfreut, dass Lauterbach ihn eingeladen habe. Hat das etwas gebracht? Ein Interview und eine Nachfrage beim Gesundheitsministerium (BMG).

Herr Springborn, es gibt neue Entwicklungen, erzählen Sie mal.

Ich war ja in diesem Jahr in der ARD-Sendung „hart aber fair“ mit Gesundheitsminister Lauterbach zusammen zu Gast, und einen Monat später, Ende Mai, war ich in der „Tagesschau“. Ein paar Tage später bekam ich dann eine Mail aus dem Bundesgesundheitsministerium, mit einer Einladung von Herrn Lauterbach: Er möchte sich gerne mal länger mit mir unterhalten. Dann hat es ziemlich lange gedauert, bis wir einen Termin gefunden haben, an dem wir wirklich beide konnten. Und dann war ich am 3. November im Ministerium zu Gast.

Wie lange haben Sie sich mit ihm getroffen?

Eine Stunde. Ich muss mich immer noch ein bisschen kneifen, dass ein Bundesminister sich eine Stunde für mich kleinen Menschen Zeit nimmt.

Na ja, was heißt kleiner Mensch: Sie haben ja nun eindrücklich deutlich gemacht, dass Sie ein berechtigtes Anliegen haben und dass Sie damit nicht alleine sind.

Ja gut, aber trotzdem. Dass dann ein Minister sagt: Okay, den hole ich mir mal her und lasse mir dessen Situation in Ruhe erklären, das fand ich schon toll. Das ist ein Stück Anerkennung, und man ist auch ein bisschen stolz, dass man das schafft. Und dass man mit den Problemen, über die man immer wieder redet und über die Sie ja auch umfangreich berichtet haben, dann doch auch mal auf richtig hoher politischer Ebene ernst genommen wird.

Hatten Sie denn das Gefühl, ernst genommen zu werden? Wie war der Empfang?

Sehr nett, sehr freundlich. Herr Lauterbach war gut vorbereitet, oder auch gut gebrieft, keine Ahnung. Aber er konnte sich noch sehr genau an die Sendung erinnern, worüber wir bei „hart aber fair“ gesprochen haben. Und er hat generell sehr wenig geredet, er hat ganz viel gefragt. Wenn man ihn aus den Talkshows kennt, wo er auftritt, war das völlig anders. Er war sehr zugewandt, sehr offen, sehr interessiert, auch an Detailfragen.

Was hat er denn konkret gefragt?

Er bat mich: Erklären Sie mal die Lage. Dann habe ich das Thema Pflegekosten umfassend erklärt. Dass wir im vergangenen Jahr bei uns zu Hause in der Pflege eine Kostensteigerung von 32 Prozent hatten durch die Tariferhöhung in der Pflege, die die Politik beschlossen hat. Jetzt kommen im November noch mal sieben Prozent dazu, wir haben insgesamt also eine Preissteigerung von rund 40 Prozent binnen nur eines Jahres. Das habe ich ihm alles ausführlich erklärt, und er hat dann gefragt: Wie funktioniert das? Er wollte auch wissen, wieso ich keine Hilfe zur Pflege bekomme, und ich habe ihm erklärt, dass das in Deutschland nicht von der Höhe der Pflegekosten abhängt, sondern vom Einkommen und dem Vermögen. Und dass wir bei meinem Einkommen eben nichts bekommen. Für solche Dinge hat er sich ausführlich interessiert und auch dafür, wie wir die Pflege überhaupt organisieren, auch was wir selbst alles tun, da ich ja nun den Einsatz des Pflegedienstes weiter reduzieren musste. Es war noch eine Mitarbeiterin von ihm dabei und meine Tochter. Es war also eine kleine Runde mit nur vier Leuten und ein sehr angeregtes Gespräch.

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Hat er Ihnen versprochen, etwas zu ändern?

Zusagen hat er nicht gemacht, das ist ja auch verständlich. Aber für mich habe ich das Gefühl mitgenommen, dass er gerade dieses Kostenthema wirklich verstanden hat. Er hat dann auch sofort gesagt: Sie sind nicht alleine mit dem Problem, es sind ja über eine Million Menschen, die von Pflegediensten zu Hause versorgt werden. Das heißt, er hat die Zahlen durchaus präsent.

Aber wenn er das alles nicht wusste, warum Sie etwa keine Hilfe zur Pflege bekommen: Ich hätte erwartet, ein Minister kennt die Gesetzeslage.

Na gut, Hilfe zur Pflege ist ja nicht sein Thema als Gesundheitsminister, das fällt in den Bereich des Sozialministeriums. Und pflegende Angehörige sind auch nicht sein Bereich, denn dafür ist das Familienministerium zuständig. Wir haben da ja so eine organisierte Unzuständigkeit.

Das stimmt. Aber Sie treten sonst gerne mal mutig und fordernd auf, haben Sie auch Forderungen an Lauterbach bezüglich der Pflege gerichtet?

Ich habe ihm das sehr deutlich erklärt, dass es ganz dringend eine Deckelung der Eigenanteile in der ambulanten Pflege geben muss, so ähnlich wie es das in der stationären Pflege mit Leistungszuschüssen gibt. Ein ähnliches System muss es perspektivisch und möglichst bald auch in der ambulanten Pflege geben. Denn sonst können sich die Leute sehr bald die Pflege nicht mehr leisten. Und es tritt ja eben nicht der Effekt ein, dass diese Leute dann Hilfe zur Pflege beantragen, sondern es tritt der Effekt ein, dass die Leute die Leistungen der Pflegedienste stattdessen reduzieren, weil sie nicht in die Abhängigkeit vom Amt wollen. Denn die Schwierigkeit ist: Wenn das Amt die Pflege bezahlt, bestimmt auch das Amt, welche Pflege man bekommt. Und das wollen viele Menschen einfach nicht.

Können Sie dieses Problem näher erläutern?

Viele Pflegebedürftige wollen ihre Selbstständigkeit und ihre Selbstbestimmung nicht aufgeben. Das führt dazu, dass sie die Pflegeleistung reduzieren und in der Folge zu einer Unterversorgung von Patienten – im günstigsten Fall. Im schlimmsten Fall zu einer Verwahrlosung. Das ist leider so.

Viele Familien versuchen dann, ihr Haus zu verkaufen oder verbrauchen sämtliche Ersparnisse, um sich die Pflege noch irgendwie leisten und sie selbst finanzieren zu können.

Klar, viele versuchen, Geld flüssig zu machen. Weil man aber nicht weiß, wie lange die Pflege noch dauern wird, kann man das auch nicht unbegrenzt einsetzen. Das ist bei uns ja genauso. Wir hatten im vergangenen Jahr 2000 Euro Eigenanteil als Zuzahlung für den Pflegedienst jeden Monat. Mit Einführung der Tarifpflicht und dieser Kostensteigerung von 32 Prozent wäre mein Eigenanteil auf 3300 Euro monatlich gestiegen. Das kann ich mir nicht leisten, also haben wir den Leistungsumfang des Pflegedienstes deutlich reduziert. Wir hatten dann „nur“ noch 2500 Euro Eigenanteil, also mehr Geld für weniger Leistung, seit Dezember letzten Jahres. Und jetzt zum November sind noch mal sieben Prozent dazugekommen, das bedeutet noch mal 350 Euro obendrauf. Ich kann aber jetzt keine Leistung mehr reduzieren.

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Was machen Sie jetzt?

Wenn ich noch mehr Leistung beim Pflegedienst reduzieren würde, müsste ich weniger arbeiten, damit ich meine Frau noch zu Hause versorgen kann. Das kann ich aber nicht, denn wenn ich weniger arbeite, habe ich weniger Geld und kann mir noch weniger Pflege leisten. Das ist eine Abwärtsspirale ohne Ende; also bleibt nur: runterschlucken und zahlen.

Sie zahlen also jetzt 2850 Euro Eigenanteil für den Pflegedienst Ihrer Frau jeden Monat, obwohl Sie erheblich die Leistungen reduziert haben und mehr als die Hälfte der Pflege eh selber machen?

Ja. Das ist also deutlich mehr, als man für einen Platz im Pflegeheim bezahlen würde.

Na ja, kommt drauf an in welchem Pflegeheim.

Ja natürlich, aber wenn wir die Leistung des Pflegedienstes noch weiter reduzieren müssten, wäre ein Pflegeheim auf Dauer schon wirtschaftlicher.

Aber das kommt nach wie vor nicht infrage für Sie und Ihre Frau?

Nein, wo wollen Sie auch einen Platz herkriegen? Die Wartezeiten liegen bei zwei bis drei Jahren. Und wer möchte als relativ junger Mensch in ein Pflegeheim, das für Hochbetagte ausgelegt ist?

Das heißt, Sie haben diese Forderung an Lauterbach gestellt, dass die Pflege zu Hause deutlich bessergestellt werden muss – wie hat er darauf reagiert?

Letztendlich hat er gesagt, dass er nicht alleine ist, sondern in einer Koalition. Er hat dann darauf verwiesen, dass gerade eine Kommission dabei ist, für die Finanzierung der Pflegereform bis zum Frühjahr neue Vorschläge zu machen, und weiter hat er sich dazu nicht geäußert. Aber ich fand es schon mal toll, dass er offensichtlich wirklich verstanden hat, wo jetzt das Problem liegt.

Haben Sie denn mal gefragt, wie die sich das gedacht haben in der Politik? Die Tariferhöhung ist ja noch von seinem Vorgänger Jens Spahn eingestilt worden, und Lauterbach ist nun mit dafür verantwortlich, dass sie in diesem Bereich alleine auf die Pflegebedürftigen und Angehörigen abgewälzt wird, was ja ganz anders angekündigt war.

Nein, dazu hat er sich nicht geäußert. Ich habe aber auch nicht mehr nachgefragt, weil er dazu schon bei „hart aber fair“ etwas gesagt hatte, nämlich: Wenn es nach ihm ginge, würde er aus der Pflegeversicherung eine Vollversicherung machen. Wir haben jetzt stattdessen über viele praktische Dinge gesprochen, wie wir die Pflege organisieren und selber machen. Er hat sich auch mit meiner Tochter darüber unterhalten, wie sie das Ganze empfindet.

Hatten Sie den Eindruck, das Thema Pflege durch Angehörige zu Hause war ihm neu?

Nein, ich hatte wirklich den Eindruck, er steht im Stoff. Ich hatte auch gar nicht das Gefühl, dass es ein Pflichttermin für ihn ist. Er hat auch nicht gedrängelt, von der Zeit her. Es ging um zwei Minuten nach drei los und um vier, so wie angesetzt, ist er wieder gegangen. Er hat auch nicht permanent aufs Handy oder auf die Uhr geschaut.

Okay, die Erwartungen waren aber dann nicht allzu hoch, höre ich da raus?

Nein, es war wirklich eine kleine angenehme Runde mit einer sehr angeregten Diskussion. Und von seiner Seite auch keine Monologe, wie man das von ihm aus den Talkshows kennt. Es gab präzise Fragen, er hat sehr gut zugehört. Ich bin da rausgegangen und habe gesagt: Das war wirklich ein schöner Termin. Hätte ich so nicht erwartet.

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Wie geht es denn Ihnen und Ihrer Frau aktuell?

(Großes Seufzen) Man schlägt sich so durch. Das Leben ist stressig. Aber es gibt ja nicht viele Alternativen. Das Glück ist, dass ich hier diese fantastische Unterstützung von meinem Arbeitgeber, der Evangelischen Schulstiftung in der EKBO, habe, der mir ermöglicht, das überhaupt alles zu leisten und ganz viel von zu Hause zu arbeiten. Und dass ich ganz viele tolle Freunde habe, die uns unterstützen. Sodass ich dann auch mal, so wie heute, ins Büro fahren und arbeiten kann, weil mittags jemand kommt und sich um meine Frau kümmert. Sonst würde das alles nicht mehr funktionieren, das muss man ganz ehrlich sagen. Meine Frau braucht mittlerweile morgens, mittags und abends Hilfe. Und wenn das nicht mehr durch andere zu leisten ist, dann muss ich aufhören zu arbeiten, oder sie muss ins Pflegeheim.

Können Sie noch mal kurz skizzieren, wie aktuell Ihr Tagesablauf aussieht?

Das geht um 6.30 Uhr los mit Aufstehen und Medikamentengabe, um 7 Uhr kommt der Pflegedienst, um halb acht fange ich zu Hause an zu arbeiten. Um halb neun esse ich mit meiner Frau zusammen Frühstück. Dann hat sie eine Therapie oder Ähnliches, und ich arbeite zu Hause weiter. Falls es ein Tag ist, an dem ich Unterstützung bekomme, fahre ich dann ins Büro. Aber sonst ist zwischendurch immer etwas, ich muss ihr behilflich sein oder sie unterstützen, so geht das immer hin und her zwischen Arbeit und Pflege. Man hat nie mehr als eine Stunde Zeit, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, wenn man zu Hause ist, weil immer irgendetwas ist. Dann gibt es Mittagessen, das muss ich kochen und ihr geben, und so geht das weiter, den ganzen Tag über, nach dem Abendessen bis etwa 22 Uhr, dann wird sie vom Pflegedienst ins Bett gebracht. In der Nacht heißt es dann noch ein- bis zweimal aufstehen und ihr beim Umlagern oder Ähnlichem helfen.

Wie oft können Sie überhaupt noch im Büro arbeiten?

Zwei- bis dreimal die Woche. Wobei ich dann immer erst vormittags losfahren kann, weil ich ja erst noch Frühstück mache. Ich bin dann gegen 10.30 bis 17 Uhr im Büro und danach geht es dann wieder zu Hause weiter. Meist gelingt das aber nur zweimal die Woche – es hängt immer davon ab, ob ich Leute finde, die tagsüber bei ihr sein können und uns helfen.

Wie sieht es finanziell aus?

Inzwischen ist es so, dass ich die Pflege aus den laufenden Einnahmen in den meisten Monaten nicht mehr decken kann, sondern in die Reserven greifen muss.

Das heißt, Sie hatten etwas für Ihr Alter angespart und müssen das jetzt angreifen?

So ist es. Es geht nicht anders.

Können Sie sich das noch lange leisten?

Ewig geht das nicht, aber es geht erst mal. Und dann muss man schauen und hoffen, dass irgendwann nach der nächsten Wahl die Politik hoffentlich dann mal etwas unternimmt. Man kann das ja einfach mal zusammenrechnen: Wir haben fünf Millionen Pflegebedürftige in Deutschland und circa acht Millionen pflegende Angehörige, das sind zusammen 13 Millionen Menschen. Zieht man die Kinder ab und die, die nicht wählen dürfen, kommt man auf elf bis zwölf Millionen Wahlberechtigte. Das sind fast 20 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung. Mit so einer großen Gruppe kann man Wahlen gewinnen – aber auch verlieren.

QOSHE - Einladung von Karl Lauterbach: Für Berliner ist die Pflege zu teuer geworden - Ruth Schneeberger
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Einladung von Karl Lauterbach: Für Berliner ist die Pflege zu teuer geworden

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24.11.2023

Sie lernten sich mit Anfang 20 kennen, später heirateten Jochen Springborn und seine Frau und bekamen eine Tochter. Dann wurde Anke krank, es begann langsam und setzt sich schleichend fort bis heute: Multiple Sklerose. Inzwischen pflegt der 54 Jahre alte Berliner seine 57-jährige Frau im Rollstuhl schon seit fast 30 Jahren. Der Ingenieur ist in Vollzeit berufstätig als leitender Angestellter in Köpenick und muss trotzdem einen Großteil der Pflege selbst übernehmen, denn der Pflegedienst ist, trotz Unterstützung durch die Pflegeversicherung und trotz guten Einkommens, zu teuer geworden.

Erst recht seit die Politik vor einem Jahr die Tariferhöhung für Pflegekräfte durchgesetzt hat – und die Pflegebedürftigen diese selber tragen müssen, obwohl das vom damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) anders angekündigt worden war. Für Jochen Springborn bedeutet das wegen des erheblichen Pflegeumfangs seiner Frau: Mehr als 1000 Euro Zusatzkosten im Monat – die er sich nicht leisten kann. Das ist ein Riesenproblem für das Berliner Paar. Und damit ist es nicht alleine. Es gibt rund acht Millionen pflegende Angehörige in Deutschland; mehr als eine Million von den fünf Millionen Pflegebedürftigen nehmen einen Pflegedienst in Anspruch.

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Die Berliner Zeitung berichtete schon mehrfach exemplarisch über diesen Fall, später wurde Jochen Springborn ins Fernsehen eingeladen: Bei „hart aber fair“ in der ARD durfte er mit dem Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) diskutieren, auch die „Tagesschau“ zeigte ihn und seine Anliegen zur Einführung der Pflegereform. Jetzt berichtete Springborn erfreut, dass Lauterbach ihn eingeladen habe. Hat das etwas gebracht? Ein Interview und eine Nachfrage beim Gesundheitsministerium (BMG).

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Na ja, was heißt kleiner Mensch: Sie haben ja nun eindrücklich deutlich gemacht, dass Sie ein berechtigtes Anliegen haben und dass Sie damit nicht alleine sind.

Ja gut, aber trotzdem. Dass dann ein Minister sagt: Okay, den hole ich mir mal her und lasse mir dessen Situation in Ruhe erklären, das fand ich schon toll. Das ist ein Stück Anerkennung, und man ist auch ein bisschen stolz, dass man das schafft. Und dass man mit den Problemen, über die man immer wieder redet und über die Sie ja auch umfangreich berichtet haben, dann doch auch mal auf richtig hoher politischer Ebene ernst genommen wird.

Hatten Sie denn das Gefühl, ernst genommen zu werden? Wie war der Empfang?

Sehr nett, sehr freundlich. Herr Lauterbach war gut vorbereitet, oder auch gut gebrieft, keine Ahnung. Aber er konnte sich noch sehr genau an die Sendung erinnern, worüber wir bei „hart aber fair“ gesprochen haben. Und er hat generell sehr wenig geredet, er hat ganz viel gefragt. Wenn man ihn aus den Talkshows kennt, wo er auftritt, war........

© Berliner Zeitung


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