Seit mehr als 70 Jahren findet an unterschiedlichen Orten regelmäßig ein geheimes Treffen statt, bei dem Banker, Unternehmer und politische Führungskräfte Einfluss auf Wirtschaft und Politik des Alten Kontinents nehmen. Über deren Aktivitäten wird in den Medien nicht berichtet; ehemalige Mitglieder kritisieren den Club wegen Intransparenz und Verschwendung.

Laut einem Bericht der Financial Times (FT) soll zuletzt Ende Oktober 2023 im Dolder Grand Hotel in Zürich ein dreitägiger Gipfel mit 40 der einflussreichsten Vertreter des europäischen Bankensektors stattgefunden haben. Das Treffen, das der Öffentlichkeit verborgen blieb, wurde von einer „sehr einflussreichen Organisation“ veranstaltet, deren Existenz den wenigsten bekannt ist. Diese Organisation heißt Internationales Institut für Bankenforschung (Institut International d’Etudes Bancaires, IIEB) und ist laut FT der „geheimste Club“ europäischer Finanzleute.

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Das IIEB wurde 1950 in Paris gegründet. Es wurde von den Leitern der Finanzinstitute Crédit Industriel et Commercial, Schweizerische Bankgesellschaft, Société générale de Belgique und Amsterdamsche Bank ins Leben gerufen.

Auf den Treffen tauschen sich Bankmanager mit Staatsoberhäuptern verschiedener Länder zweimal im Jahr über die Weltpolitik aus, in den letzten zwei Jahrzehnten gehörten auch der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew und der italienische Präsident Sergio Mattarella zu den prominenten Gästen. Der britische Prinz Andrew war in den Jahren 2000 und 2009 Gastgeber des Treffens. „Das ist nicht wie in Davos, wo sich jeder den Eintritt kaufen kann“, zitiert die FT ein langjähriges Mitglied, das anonym bleiben möchte. „Das ist wirklich exklusiv.“

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Der frühere Vizepräsident der Europäischen Zentralbank, Lucas Papademos, begann seine Ansprache auf dem IIEB-Treffen im Oktober 2006 in Athen mit einer Warnung vor Absprachen wie in „Der Wohlstand der Nationen“ von Adam Smith beschrieben: „Man trifft sich sogar zum Spaß und zur Unterhaltung, aber bei den Gelegenheiten, bei denen man sich trifft, endet das Gespräch in einer Verschwörung gegen die Öffentlichkeit oder in einer List, um die Preise zu erhöhen.“ Ob die Teilnehmer sich seitdem an diese Predigt halten?

Unter anderem sprachen die Mitglieder nach Angaben der FT über die Rettung der Credit Suisse durch ihren Erzrivalen UBS – sechs Monate bevor die Übernahme offiziell bekannt wurde. Laut Mitgliedern sind Geschäftsabschlüsse zwischen Banken ein häufiges Gesprächsthema am Rande offizieller Auftritte. Es werden aber nicht nur die Bankgeschäfte, sondern auch private Deals der Teilnehmer diskutiert.

Eine Umfrage unter den Teilnehmern habe ergeben, dass das IIEB seine Hauptziele erreicht habe, sagt der Geschäftsführer einer Bank anonym dazu. „Das ist eine ganz besondere Organisation“, heißt es. „Es geht um den Informationsaustausch und die Förderung der Freundschaft zwischen CEOs.“

Ehemalige Mitglieder sind allerdings anderer Meinung. Pär Boman, der frühere Vorstandsvorsitzende der Handelsbanken in Schweden, verließ den Club aus Protest gegen die mangelnde Transparenz und die hohen Kosten für die Ausrichtung eines solchen Treffens zu Zeiten der Schuldenkrise in der Eurozone.

„Wir waren jahrzehntelang Mitglieder, als die Organisation dem Zweck diente, die europäischen Banken näher zusammenzubringen“, begründete Boman in der FT. „Aber nach der Finanzkrise hatten wir das Gefühl, dass die Extravaganz und der Mangel an Transparenz nicht zu unseren Werten passten.“

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Geheimster Banker-Treff Europas entlarvt: „Das ist wirklich exklusiv“

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12.02.2024

Seit mehr als 70 Jahren findet an unterschiedlichen Orten regelmäßig ein geheimes Treffen statt, bei dem Banker, Unternehmer und politische Führungskräfte Einfluss auf Wirtschaft und Politik des Alten Kontinents nehmen. Über deren Aktivitäten wird in den Medien nicht berichtet; ehemalige Mitglieder kritisieren den Club wegen Intransparenz und Verschwendung.

Laut einem Bericht der Financial Times (FT) soll zuletzt Ende Oktober 2023 im Dolder Grand Hotel in Zürich ein dreitägiger Gipfel mit 40 der einflussreichsten Vertreter des europäischen Bankensektors stattgefunden haben. Das Treffen, das der Öffentlichkeit verborgen blieb, wurde von einer „sehr einflussreichen Organisation“ veranstaltet, deren Existenz den wenigsten bekannt ist. Diese Organisation heißt Internationales Institut für Bankenforschung (Institut International d’Etudes Bancaires, IIEB) und ist laut FT der „geheimste Club“ europäischer Finanzleute.

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© Berliner Zeitung


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