Der frühere Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, Yuval Diskin, übt scharfe Kritik an Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Laut Diskin habe Netanjahu eine Mitschuld am Hamas-Massaker vom 7. Oktober und dem anschließenden Gaza-Krieg. In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Spiegel sagte der Ex-Geheimdienstchef: „Netanyahu wird dafür bezahlen müssen, was er mit diesem Land gemacht hat, was er uns angetan hat. Er hat uns an den Rand eines Bürgerkriegs gebracht, hat die Israelis gegeneinander aufgehetzt, hat verurteilte Extremisten zu Ministern ernannt und dabei geglaubt, auf diese Weise alles und alle kontrollieren zu können.“

Die maßgeblich von Netanjahu bestimmte Politik der vergangenen Jahre habe solch ein Massaker auf israelischem Terrain erst ermöglicht. Diskin sprach von einem Staatsversagen sondergleichen. Der Angriff der Hamas sei ohne die Entwicklungen in Israel nicht denkbar gewesen. Diskin selbst hatte angeblich mehrmals vor extremistischen Strömungen in der israelischen Politik und Gesellschaft gewarnt. Netanjahus Ziel, die Hamas auszulöschen, werde mit militärischen Mitteln allein im Gazastreifen nicht zu erreichen sein, so Diskin. Langfristige Sicherheit für Israel lasse sich nur mit Frieden garantieren.

„Die Hamas ist der palästinensische Ableger der Muslimbrüder. Die Islamisten erheben Anspruch auf für sie genuin muslimisches Land. Ihre Mission heißt islamischer Staat. Wir Israelis scheinen ihre wahre Natur entweder vergessen oder verdrängt zu haben. Unsere Armee, unsere Politiker, alle scheinen geglaubt zu haben, die Ruhe hier halte ewig“, sagte Diskin, der den israelischen Inlandsgeheimdienst von 2005 bis 2011 leite.

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Der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, schilderte am Sonntag die verheerende Lage im Gaza-Streifen. „Die Folgen des Konflikts auf die Gesundheit sind katastrophal“, sagte er zum Auftakt einer Sondersitzung des WHO-Exekutivrats in Genf. Der Rat nahm am Abend ohne Abstimmung eine Resolution an, die unter anderem eine Ausweitung der humanitären Hilfslieferungen fordert. Die USA, Deutschland und andere Länder bemängelten, dass der Terroranschlag auf Israel am 7. Oktober in dem Text nicht erwähnt und verurteilt wird.

Tedros verurteilte den Angriff palästinensischer Terroristen auf Israel am 7. Oktober, bei dem rund 1200 Menschen getötet und misshandelt und mehr als 240 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Er verstehe die Wut, Trauer und Angst in Israel nach den Anschlägen. Er verstehe auch die Wut, Trauer und Angst der Bevölkerung des Gazastreifens, die bereits 16 Jahre unter einer Blockade durch Israel gelitten hätten und nun die Zerstörung ihrer Familien, ihrer Wohnungen und ihres Lebens erlebten. Er forderte erneut eine humanitäre Feuerpause, um den Menschen helfen zu können.

Israel erklärte Hamas nach den Anschlägen den Krieg. Seitdem sind nach Angaben der Palästinenserbehörden mehr als 17.000 Menschen im Gazastreifen ums Leben gekommen. 1,9 Millionen der rund 2,2 Millionen Einwohner wurden vertrieben, Zehntausende Häuser zerstört.

Die Außenminister und Außenministerinnen der EU-Staaten treffen sich an diesem Montag zu ihrer letzten regulären Sitzung in diesem Jahr in Brüssel. Auf der Tagesordnung stehen Beratungen über den Nahost-Konflikt und die weitere Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland. Bei den Gesprächen zum Nahost-Konflikt soll es unter anderem um die Frage gehen, ob gegen extremistische israelische Siedler EU-Einreisverbote verhängt werden sollten. Zuletzt hatten bereits die USA in Reaktionen auf einen alarmierenden Anstieg an Gewalttaten im Westjordanland einen solchen Schritt angekündigt.

Zugleich wird geprüft, ob sich die Strafmaßnahmen gegen die islamistische Palästinenserorganisation Hamas noch weiter verschärfen lassen. Am Freitag hatte die EU bereits den Kommandeur des bewaffneten Arms der Hamas, Mohammed Deif, sowie dessen Stellvertreter, Marwan Issa, auf ihre Terrorliste gesetzt. Beide gelten als Planer des beispiellosen Massakers in Israel vom 7. Oktober. (mit dpa)

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„Wird dafür bezahlen“: Israels Ex-Geheimdienstchef gibt Netanjahu Mitschuld am Hamas-Massaker

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10.12.2023

Der frühere Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, Yuval Diskin, übt scharfe Kritik an Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Laut Diskin habe Netanjahu eine Mitschuld am Hamas-Massaker vom 7. Oktober und dem anschließenden Gaza-Krieg. In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Spiegel sagte der Ex-Geheimdienstchef: „Netanyahu wird dafür bezahlen müssen, was er mit diesem Land gemacht hat, was er uns angetan hat. Er hat uns an den Rand eines Bürgerkriegs gebracht, hat die Israelis gegeneinander aufgehetzt, hat verurteilte Extremisten zu Ministern ernannt und dabei geglaubt, auf diese Weise alles und alle kontrollieren zu können.“

Die maßgeblich von Netanjahu bestimmte Politik der vergangenen Jahre habe solch ein Massaker auf israelischem Terrain erst ermöglicht. Diskin sprach von einem Staatsversagen sondergleichen. Der Angriff der Hamas sei ohne die Entwicklungen in Israel nicht denkbar gewesen. Diskin selbst hatte angeblich mehrmals vor extremistischen Strömungen in der israelischen Politik und Gesellschaft gewarnt. Netanjahus Ziel, die Hamas........

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