Leitartikel

Morins Prestigebau wird zum Mausoleum

Das neue K-Haus am Unteren Rheinweg ist in arger Schieflage. Das kommt angesichts des Betriebskonzepts leider nicht überraschend.

Patrick Marcolli 02.12.2023, 05.00 Uhr

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Tristesse pur: Der Kasernenhof mit dem Hauptbau, K-Haus genannt.

Bild: Kenneth Nars

Am Unteren Rheinweg ist zuweilen ein Plakat zu sehen. Darauf steht «Eingang» und es zeigt ein dicker, schwarzer Pfeil auf den Kasernen-Kopfbau. Dieses Gebäude heisst seit etwas mehr als eineinhalb Jahren K-Haus. Es handelt sich dabei um ein Prestigeprojekt des Kantons Basel-Stadt. Genauer gesagt: um ein Prestigeprojekt des Präsidialdepartments unter seinem ersten Amtsinhaber Guy Morin (Grüne).

Gähnende Leere

Nun ist dieses Prestigeprojekt auch finanziell in Schieflage geraten. Die Betreibergesellschaft, so war vor wenigen Tagen in dieser Zeitung zu lesen, verfügt über weniger Einnahmen als geplant, erwirtschaftet im ersten Betriebsjahr einen sechsstelligen Verlust und muss beim Kanton um Unterstützung betteln. Von der «eigenständigen» und «nachhaltigen» Finanzierung, wie es in der Ausschreibung gefordert wurde, weit und breit keine Spur. In den Fluren des luxuriös umgestalteten einstigen Militärgebäudes herrscht täglich gähnende Leere.

Mit den Schlagzeilen zur Finanzlage ist die noch junge Geschichte des K-Hauses um ein wenig ruhmreiches Kapitel reicher. Schon beim Umbau und der Renovation gab es Verzögerungen und Verteuerungen. Es folgte die desaströse Ausschreibung für das (immer noch leere) Restaurant. Auch von der einst gross angekündigten Öffnung und Nutzung der Verbindung zwischen Rhein und Kasernenwiese durch den Kopfbau ist nicht mehr viel übrig. Stattdessen: Strikte Öffnungszeiten und auch tagsüber ein Publikum, das eher notgedrungen ein Dach über dem Kopf sucht, als die Angebote im Haus zu nutzen.

Viel Hirnschmalz

Das Projekt K-Haus, man muss es bereits zum jetzigen Zeitpunkt so deutlich sagen, ist gescheitert. Wer nun fragt, welchen Inhalt dieses Projekt eigentlich hat, befindet sich auf der richtigen Spur. Eine Kurzversion der Geschehnisse könnte lauten: Die Stadt verfügte einst ein marodes Gebäude, an bester Lage, direkt am Kleinbasler Rheinufer, und getraute sich nicht, es einfach abzureissen und den Ort kreativ weiterzudenken.

Das mit viel Hirnschmalz von Beamten im Präsidialdepartement und Kultur-Aktivistinnen jeglicher Couleur erstellte neue Nutzungskonzept für das Gebäude enthielt, ganz in der Tradition der früheren Kulturwerkstatt Kaserne, etwas Sponti-Geist der 1980er, gemixt mit dem staatlichen Kultur-Interventionismus der 2000er und verfeinert mit betriebswirtschaftlichem Start-Up- und Flexibility-Denken der 2010er.

Konnte und kann das Produkt eines solch eklektischen Weltverständnisses je funktionieren? Oder: kann ein Konzept, das diverse Ideengebilde der jüngeren Basler Kulturgeschichte inkorporiert, je zum Fliegen kommen? Diese Frage ist angesichts der Schieflagen in Entstehung und Betrieb des K-Hauses zur rein rhetorischen geworden. Und es ist zu befürchten, dass die Serie der Negativmeldungen aus dem roten Monumentalbau nicht abreissen wird.

Ein Sorgenkind

Das ist sehr bitter für den ehemaligen Magistraten Morin, der dieses Projekt einst zu seinem politischen Erbe erkor, sowie für alle am Konzeptionsprozess Beteiligten. Das ist aber auch bitter für die Stadt, die nun an bester Lage ein aufwändigst erneuertes, historisches Gebäude hat, welches man eigentlich ausschliesslich wegen der (prächtigen!) Amber-Bar betreten möchte und das nun zum Sorgenkind geworden ist – in betrieblicher wie finanzieller Hinsicht.

Unter diesen Umständen wird ein Defizit zum Pluspunkt: In der äusseren Erscheinung hat der Bau den Renovationsprozess beinahe unverändert überstanden – ein Triumph des Denkmalschutzes und der Ewiggestrigen. Der neue rheinseitige Eingang hatte so unauffällig gestaltet und kleingehalten zu werden, dass man die Menschen heute mit Plakaten dahin führen muss.

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Nun ist dieses Prestigeprojekt auch finanziell in Schieflage geraten. Die Betreibergesellschaft, so war vor wenigen Tagen in dieser Zeitung zu lesen, verfügt über weniger Einnahmen als geplant, erwirtschaftet im ersten Betriebsjahr einen sechsstelligen Verlust und muss beim Kanton um Unterstützung betteln. Von der «eigenständigen» und «nachhaltigen» Finanzierung, wie es in der Ausschreibung gefordert wurde, weit und breit keine Spur. In den Fluren des luxuriös umgestalteten einstigen Militärgebäudes herrscht täglich gähnende Leere.

Mit den Schlagzeilen zur Finanzlage ist die noch junge Geschichte des K-Hauses um ein wenig ruhmreiches Kapitel reicher. Schon beim Umbau und der Renovation gab es Verzögerungen und Verteuerungen. Es folgte die desaströse Ausschreibung für das (immer noch leere) Restaurant. Auch von der einst gross angekündigten Öffnung und Nutzung der Verbindung zwischen Rhein und Kasernenwiese durch den Kopfbau ist nicht mehr viel übrig. Stattdessen: Strikte Öffnungszeiten und auch tagsüber ein Publikum, das eher notgedrungen ein Dach über dem Kopf sucht, als die Angebote im Haus zu nutzen.

Das Projekt K-Haus, man muss es bereits zum jetzigen Zeitpunkt so deutlich sagen, ist gescheitert. Wer nun fragt, welchen Inhalt dieses Projekt eigentlich hat, befindet sich auf der richtigen Spur. Eine Kurzversion der Geschehnisse könnte lauten: Die Stadt verfügte einst ein marodes Gebäude, an bester Lage, direkt am Kleinbasler Rheinufer, und getraute sich nicht, es einfach abzureissen und den Ort kreativ weiterzudenken.

Das mit viel Hirnschmalz von Beamten im Präsidialdepartement und Kultur-Aktivistinnen jeglicher Couleur erstellte neue Nutzungskonzept für das Gebäude enthielt, ganz in der Tradition der früheren Kulturwerkstatt Kaserne, etwas Sponti-Geist der 1980er, gemixt mit dem staatlichen Kultur-Interventionismus der 2000er und verfeinert mit betriebswirtschaftlichem Start-Up- und Flexibility-Denken der 2010er.

Konnte und kann das Produkt eines solch eklektischen Weltverständnisses je funktionieren? Oder: kann ein Konzept, das diverse Ideengebilde der jüngeren Basler Kulturgeschichte inkorporiert, je zum Fliegen kommen? Diese Frage ist angesichts der Schieflagen in Entstehung und Betrieb des K-Hauses zur rein rhetorischen geworden. Und es ist zu befürchten, dass die Serie der Negativmeldungen aus dem roten Monumentalbau nicht abreissen wird.

Das ist sehr bitter für den ehemaligen Magistraten Morin, der dieses Projekt einst zu seinem politischen Erbe erkor, sowie für alle am Konzeptionsprozess Beteiligten. Das ist aber auch bitter für die Stadt, die nun an bester Lage ein aufwändigst erneuertes, historisches Gebäude hat, welches man eigentlich ausschliesslich wegen der (prächtigen!) Amber-Bar betreten möchte und das nun zum Sorgenkind geworden ist – in betrieblicher wie finanzieller Hinsicht.

Unter diesen Umständen wird ein Defizit zum Pluspunkt: In der äusseren Erscheinung hat der Bau den Renovationsprozess beinahe unverändert überstanden – ein Triumph des Denkmalschutzes und der Ewiggestrigen. Der neue rheinseitige Eingang hatte so unauffällig gestaltet und kleingehalten zu werden, dass man die Menschen heute mit Plakaten dahin führen muss.

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Patrick Marcolli 02.12.2023, 05.00 Uhr

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Tristesse pur: Der Kasernenhof mit dem Hauptbau, K-Haus genannt.

Bild: Kenneth Nars

Am Unteren Rheinweg ist zuweilen ein Plakat zu sehen. Darauf steht «Eingang» und es zeigt ein dicker, schwarzer Pfeil auf den Kasernen-Kopfbau. Dieses Gebäude heisst seit etwas mehr als eineinhalb Jahren K-Haus. Es handelt sich dabei um ein Prestigeprojekt des Kantons Basel-Stadt. Genauer gesagt: um ein Prestigeprojekt des Präsidialdepartments unter seinem ersten Amtsinhaber Guy Morin (Grüne).

Gähnende Leere

Nun ist dieses Prestigeprojekt auch finanziell in Schieflage geraten. Die Betreibergesellschaft, so war vor wenigen Tagen in dieser Zeitung zu lesen, verfügt über weniger Einnahmen als geplant, erwirtschaftet im ersten Betriebsjahr einen sechsstelligen Verlust und muss beim Kanton um Unterstützung betteln. Von der «eigenständigen» und «nachhaltigen» Finanzierung, wie es in der Ausschreibung gefordert wurde, weit und breit keine Spur. In den Fluren des luxuriös umgestalteten einstigen Militärgebäudes herrscht täglich gähnende Leere.

Mit den Schlagzeilen zur Finanzlage ist die noch junge Geschichte des K-Hauses um ein wenig ruhmreiches Kapitel reicher. Schon beim Umbau und der Renovation gab es Verzögerungen und Verteuerungen. Es folgte die desaströse Ausschreibung für das (immer noch leere) Restaurant. Auch von der einst gross angekündigten Öffnung und Nutzung der Verbindung zwischen Rhein und Kasernenwiese durch den Kopfbau ist nicht mehr viel übrig. Stattdessen: Strikte Öffnungszeiten und auch tagsüber ein Publikum, das eher notgedrungen ein Dach über dem Kopf sucht, als die Angebote im Haus zu nutzen.

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