München - Wenn der Lift nicht geht, "stehe ich dumm da", sagt Rollstuhlfahrer Maximilian Schulz. Der Münchner aus der Au erlebte am ersten Weihnachtstag eine frustrierende Odyssee. Und beschwert sich bei der AZ über die Deutsche Bahn: "Mehrere defekte S-Bahn-Lifte haben mich ausgebremst. Ich fühle mich gelackmeiert" erklärt der 37-Jährige. "Anderen mit Rollator und Kinderwagen ging es in der Weihnachtszeit in der Stadt bestimmt genauso – und das am Weihnachtsfeiertag, wo man keinen Ärger, sondern Freude haben sollte", meint Schulz. Der Rollstuhlfahrer ist studierter Sozialarbeiter und möchte sich zum Journalisten ausbilden lassen.

Seine Frust-Geschichte geht so: Am 25. Dezember ließ er sich von der Lilienstraße mit dem Rollstuhltaxi nach Pasing bringen. Zur festlichen Weihnachtsfeier mit seiner Mutter, seinen zwei Schwestern und zwei Nichten. Es gab Sauerbraten mit Lebkuchensoße, danach Mousse au Chocolat, man spielte Stadt, Land, Fluss.

Als er abends mit seinem Elektrorollstuhl und öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause, nähe Rosenheimer Platz, fahren wollte, da wusste er schon: Die beiden S-Bahn-Lifte zum Sperrengeschoss und zum S-Bahnsteig Rosenheimer Platz sind kaputt. Also stieg er am Marienplatz aus, mit der Absicht, über den Gehweg nach Hause zu rollern.

"Doch auch der S-Bahn-Aufzug am Marienplatz ging nicht. Ich war eingesperrt, kam nicht an die Oberfläche. Maximilian Schulz fuhr eine Station zurück zum Stachus. Hier das gleiche Bild. Der S-Bahnhof-Fahrstuhl reagierte nicht. Also stieg er noch einmal in die S-Bahn, verließ sie am Hauptbahnhof – und musste rund 45 Minuten in der Kälte nach Hause rollen. "Was für ein Frust! Ich hatte den Aufzug-Notruf angerufen, doch die können die Info über die defekten Lifte nur weitergeben. Die Techniker sind nicht rund um die Uhr im Einsatz – doch Menschen mit einer Behinderung oder Gehproblemen sind auf die Aufzüge am S-Bahnhof angewiesen!", schimpft der Münchner.

Die Hängepartie auf dem ärgerlich langen Heimweg machte ihm auch Angst: "Was für eine Zitterpartie. Ich habe mir Sorgen gemacht, dass die Batterie ausgeht und mein Rolli ausgerechnet abstirbt, wenn ich mitten auf der großen Kreuzung am Isartor stehe", erklärt er.

Von der Deutschen Bahn fordert er jetzt: Die Münchner S-Bahn-Lifte müssen gründlich saniert werden. Notfalltechniker müssten auch nachts und an Sonn-und Feiertagen im Einsatz sein. Als Beitrag zur Barrierefreiheit in der Stadt. Denn Maximilian Schulz hat beobachtet: "Manchmal sind es auch Kleinigkeiten, die schnell zu beheben sein müssten, weswegen der Aufzug nicht fährt, z. B. weil eine Tür nicht schließt."

Als Mitglied des Arbeitskreises Verkehr der Münchner SPD hat er sich jetzt zur Lösung seiner Probleme an die SPD in Haidhausen gewendet. Zum Thema Barrierefreiheit hatte er bereits einen Termin mit der MVG, die für die U-Bahnen, Busse und Trambahnen zuständig ist.

Im letzten Monat hatte der Münchner Rollstuhlfahrer zwei Mal nicht in die Trambahn steigen können, weil deren Hebebühne nicht funktioniert hat. "Das zeigt mir, wie marode das Münchner Verkehrsnetz ist. Die Stadt geht nachlässig mit den Bedürfnissen Behinderter um!", kritisiert der Mann.

Die Deutsche Bahn bestätigt, dass am Ersten Weihnachtsfeiertag ihre Aufzüge am Rosenheimer Platz und am Stachus außer Betrieb waren. "Wir bedauern, dass es bei der Fahrt von Herrn Schulz zu Einschränkungen gekommen ist. Für die entstandenen Unannehmlichkeiten entschuldigen wir uns", so ein Bahnsprecher.

Die Aufzugstechniker seien grundsätzlich auch an Feiertagen unterwegs. Leider sei nicht immer eine sofortige Reparatur möglich. "Der Aufzug am Stachus wird in letzter Zeit leider immer wieder als Toilette missbraucht. Das führt mitunter zu Defekten und macht neben der Instandsetzung auch eine Grundreinigung erforderlich, damit er wieder in Betrieb gehen kann", umreißt die Deutsche Bahn in ihrer Stellungnahme für die AZ das Problem.

Maximilian Schulz muss also weiter mit "Hängepartien" bei einer Fahrt mit dem MVV rechnen. Einmal hat der Rollstuhlfahrer sogar die Feuerwehr angerufen, als er vom S-Bahnsteig Rosenheimer Platz nicht nach oben auf die Straße kam. Schulz: "Doch die konnte auch nichts machen."

QOSHE - "War eingesperrt": Rollstuhlfahrer kommt nicht aus S-Bahnhof am Marienplatz - Eva Von Steinburg
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"War eingesperrt": Rollstuhlfahrer kommt nicht aus S-Bahnhof am Marienplatz

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08.01.2024

München - Wenn der Lift nicht geht, "stehe ich dumm da", sagt Rollstuhlfahrer Maximilian Schulz. Der Münchner aus der Au erlebte am ersten Weihnachtstag eine frustrierende Odyssee. Und beschwert sich bei der AZ über die Deutsche Bahn: "Mehrere defekte S-Bahn-Lifte haben mich ausgebremst. Ich fühle mich gelackmeiert" erklärt der 37-Jährige. "Anderen mit Rollator und Kinderwagen ging es in der Weihnachtszeit in der Stadt bestimmt genauso – und das am Weihnachtsfeiertag, wo man keinen Ärger, sondern Freude haben sollte", meint Schulz. Der Rollstuhlfahrer ist studierter Sozialarbeiter und möchte sich zum Journalisten ausbilden lassen.

Seine Frust-Geschichte geht so: Am 25. Dezember ließ er sich von der Lilienstraße mit dem Rollstuhltaxi nach Pasing bringen. Zur festlichen Weihnachtsfeier mit seiner Mutter, seinen zwei Schwestern und zwei Nichten. Es gab Sauerbraten mit Lebkuchensoße, danach Mousse au Chocolat, man spielte Stadt, Land, Fluss.

Als er abends mit seinem Elektrorollstuhl und öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause, nähe........

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